Links zum Wochenende: mayonnaisefarbene Haut, Väter in Elternzeit, Intersexualität, du bist Feministin, Haarpflege im 18. Jahrhundert, Selbstliebe durch Selbstnähen
Jeden Freitag zeige ich euch hier, was mir in letzter Zeit im Internet so interessantes vor die Füße geschwemmt wurde. Thematisch völlig durchmischt, aber immer mehr oder weniger stark politisch geprägt.
„Er sah sie sehnsuchtsvoll an, während er sich vorstellte, wie ihre zarte kartoffelbreiartige Haut die seine berührte…“
„Sein Körper hatte die Farbe und die Form von rohem Hackfleisch…“
…klingt wenig schmeichelhaft? Gehört zu einer Sammlung von Bechreibungen, wie es klänge, wenn weiße Romanfiguren so beschrieben würden, wie solche of Color.
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Wenn Männer lange Elternzeit nehmen, um sich um die Kinder zu kümmern, sehen sie aus wie? – Überraschung! Wie Väter, die sich um Kinder kümmern! Eine sehr schöne Fotoreihe über Papas aus Schweden, wo es auch Vätern möglich ist, bis zu 480 Tage Elternzeit zu nehmen. Obwohl solche Anblicke für mich zumindest in unserer Familie seit Jahren zum Alltag gehören (der Mann und ich teilen uns die Care-Arbeit seit jeher), finde ich die Fotos doch irgendwie „besonders“ – was vermutlich nicht der Fall wäre, würden sie Mütter in den entsprechenden Szenen zeigen.
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Passend dazu regt Frau Runzelfüßchen sich auf: Warum kriegen Männer eigentlich immer Props für Dinge, die für Frauen als selbstverständlich gelten?!
„Ich tröste meine Tochter – das interessiert niemanden. Mein Mann tröstet sie und in der Bahn kommen die Leute aus dem Lächeln nicht heraus.
Ich gehe mit meiner Tochter zum Arzt – kein Hahn kräht danach. Mein Mann geht mit ihr – und das Wartezimmer ist verzückt, Bekannte und Freunde klatschen noch Wochen später Beifall.“
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Was ist eigentlich Intersexualität? Und warum ist es so wichtig, intersexuell geborene Menschen nicht gleich nach der Geburt zu „normalisieren“?
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Mein Lieblingsvideo diese Woche: „Sorry Süße, du bist Feministin!“ von der amerikanischen Comedienne Katie Goodman.
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Auf meine Erwähnung letzte Woche, dass ich kein Shampoo mehr benutze, bekam ich einige Reaktionen und weitere interessante Links. Einer davon kommt von Cecilia, die sich ja bekanntermaßen viel mit der Mode aus vergangenen Jahrhunderten beschäftigt. Wie haben die Frauen um 1770 eigentlich ihre riesigen Frisuren gemacht? Und wie haben sie ihre Haare gepflegt?
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Jenny von Cashmerette lese ich schon eine ganze Weile. Sie trägt Größe 46/48 und näht sich den Großteil ihrer Kleidung selbst. Für das seamworkmag hat sie darüber geschrieben, was das Selbstnähen mit ihrer Körperakzeptanz gemacht hat – wie sie mir ihrer Figur Frieden schließen konnte und ihr Selbstbewusstsein sich seither enorm gesteigert hat. Etwas, dass ich vollstens bestätigen kann, denn wenn man für sich selbst nähen will, kann man gar nicht anders, als sich dem eigenen Körper mit Wertschätzung und Wohlwollen zuwenden.
Das war’s für heute, ich hoffe, es sind wieder ein paar interessante Sachen für euch dabei. Habt einen schönen Start ins Osterwochenende!
Am 03.04.2015 um 15:52:01 Uhr [Link]
Danke für den Denkanstoß zur Hautfarbe. Er erinnert mich an eine Begebenheit in einem IC-Kleinkindabteil: Eine farbige Frau mit zwei Kindern und ich mit Kind waren als Fahrgäste da. Eine andere Mutter mit Kind sah kurz herein und das Kind sagte etwas zur Hautfarbe der Kinder, was die Mutter mit „Milchkaffeefarben“ kommentierte. Daraufhin sagte die farbige Frau: „Ja, lauter richtig hübsche Kinder hier. Einmal Espresso, einmal Milchkaffee und einmal Latte Macchiato“, und zeigte bei letzterem auf meinen hellen und blonden Sohn. Recht hatte sie ;).
Liebe Grüße
Linnea
Am 04.04.2015 um 23:09:36 Uhr [Link]
Liebe Linnea (und alle anderen, die nicht über den Begriff „farbig“ stolpern),
bitte überdenke doch nochmal die von dir gewählte Bezeichnung der Frau als „Farbige“. Um mir hier nicht die Finger abzutippen empfehle ich ungefragt die sehr informative Seite „Der Braune Mob e.V.“ mit vielen Erklärungen und Überlegungen zu „diesem“ Thema. Unter „Fragen und Antworten“ gibt es einen Punkt zu genau dieser Frage.
Nicht um zu belehren, sondern um darauf aufmerksam zu machen, schreibe ich diese kurze Antwort. Mir hat diese Seite in vielerlei Hinsicht geholfen meine sprachliche Ausdrucksweise zu reflektieren.
Am 07.04.2015 um 14:26:18 Uhr [Link]
Liebe Anna-Maria,
ich bin natürlich auch gleich über den Begriff „Farbige“ gestolpert, aber vielleicht vor allem deshalb, weil ich gerade nach Ellas Blogpost zum Indianerkostüm das Buch „Deutschland schwarz-weiß“ gelesen hatte.
In meiner Erinnerung an meine schon recht weit zurück liegende Jugend ist mir dabei aber auch etwas anderes eingefallen. Es mag in den 1980er Jahren gewesen sein, als wir lernten, dass man „Neger“ nicht mehr sagen soll, weil es beleidigend ist. „Farbige“ wäre der korrekte Ausdruck für Menschen, die dunklere Haut haben als wir selber. Das ist jetzt – zwanzig, dreißig Jahre später – aber total falsch und wirklich rassistisch.
Ich habe mir damals gleich große Mühe gegeben, meine Negerpuppen nicht mehr als solche zu bezeichnen und auch das Wort „Negerkuss“ nicht mehr zu verwenden. Erstere sind ja sowieso relativ aus den Spielzeugläden verschwunden (ich hatte allein drei solcher Puppen sowie eine ganze Spielzeugfamilie „of color“ – ähnlich wie Barbie), letztere sind längst nicht mehr so populär bei Kindern. Und natürlich sage ich „Schokoküsse“, wann immer ich daran denke. Das ist so ähnlich wie das „bei Rot über die Ampeln gehen“ – das macht man ja auch nur unbeobachtet und auf keinen Fall vor Kindern.
Ich geb mir Mühe. Ich geb mir große Mühe. Aber die Angaben beim Braunen Mob sagen mir nun, man solle „schwarz“ sagen, auf keinen Fall „farbig“. Alle, die nicht weiß sind, sind „schwarz“. Das, was einst als korrekt galt, ist jetzt wieder überholt. Und vor allem rassistisch.
Ich muss das verstehen. Sonst wäre ich rassistisch. Das ist schlimm und das will ich nicht sein. Menschen mit leicht bräunlicher Hautfarbe (z.B. Uschi Glas – so lese ich in Deutschland schwarz weiß) sind „Schwarze“. Aber ich will das nicht sagen. Ich will nicht. Ich bin nämlich echt verunsichert. Warum ändert sich das dauernd? Ich sage jetzt grundsätzlich nichts mehr zu Hautfarben. Manchmal ist das schwierig. Wenn man jemanden in einer Gruppe beschreiben will, der als einziger eine andere Hautfarbe hat. Beim Fußballverein meines Sohnes zum Beispiel. Ich frage jetzt also „der mit dem grünen Trikot?“ , „der mit den gelben Adidas-Schuhen?“ oder so, wenn er wieder mal irgendeinen Namen nennt und ich nicht gleich weiß, ob es Spieler A, B oder C ist, um den es gerade geht. Ich will nicht rassistisch sein. 18 hellhäutige, hellblonde bis dunkelblonde Kinder, einer mit schwarzer Haut und schwarzen Haaren. Aber Hautfarbe ist kein Kriterium, das man hervorheben sollte. Ich spreche nicht mehr über Hautfarbe. Ich bin verunsichert.
Ich verstehe seit diesem Post jetzt auch endlich, dass jegliche Beschreibung einer Hautfarbe, die nicht „weiß“ ist – zumindestens wenn ich sie in irgendeiner Form mit einem Genussmittel vergleiche, rassistisch ist. Steht ja auch beim braunen Mob. Was ich noch nicht verstanden habe ist, warum. Aber ich bin mir sicher, jemand wird es mir hier erklären. Gilt das immer? Darf man in einem Roman grundsätzlich keine Beschreibung von Haut- oder Haarfarben mehr verwenden? Oder nur dann nicht, wenn man sonst nichts über den Menschen schreibt?
Darf man die Haut- und Haarfarbe hellhäutiger Menschen noch beschreiben? Oder ist Schneewittchen (rot wie Blut, schwarz wie Ebenholz, weiß wie Schnee) jetzt genauso tabu wie „elfenbeinfarbene Haut“, „pfirsichfarbener Teint“, „haselnussbraune Augen“, „wasserfarbene Augen“ oder „flachsblonde, strohblonde, weizenblonde Haare“?
Bevor ich hier mit Häme und verletzenden Bemerkungen geschmäht werde: dies ist kein ironischer Kommentar. Auch, wenn ihr das vielleicht denken könntet. Oder denkt. Ich möchte es gerne verstehen.
Ich habe bislang gedacht, dass ich Hautfarbe genau so als Personenbeschreibung wählen darf wie Haarfarbe oder Augenfarbe. Spricht „der braune Mob“ eigentlich für alle Nicht-Weißen in unserem Land? Oder gibt es auch people of color, die anderer Meinung sind? Und haben die auch einen Blog?
Am 03.04.2015 um 19:43:46 Uhr [Link]
mocha-chocolate-coffee-bean-exotic-butterscotch-caramel-cinnamon-cafe-au-lait
das sind die Vergleiche, die der Autor/die Autorin des ersten Links als Grundlage nimmt.
Damit hinken die Vergleiche. Mocha-chocolate usw. usf. sind in erster Linie Genussmittel, die als köstlich und besonders oder besonders delikat gelten.
Das ist bei den gewählten Vergleichen (kartoffelbrei, rohes Hackfleisch) usw. natürlich nicht der Fall – das sind relativ unexklusive Basiszutaten für Hausmannskost. Einzige Ausnahme wäre, wenn ich mich recht erinnere, Marzipan, das durchaus in der caramel-butterscotch etc. Liga spielen könnte. Fände ich auch schön, wenn jemand meine Haut als marzipanfarben bezeichnet – marzipan ist schließlich zart und superlecker.
Warum also so manipulative Vergleiche wählen? Ich versteh’s nicht. Und eben weil die Vergleiche so manipulativ sind und so sehr hinken, überzeugt mich der Artikel auch nicht.
Am 03.04.2015 um 20:24:02 Uhr [Link]
Ja, das dachte ich auch erst: es gibt sicherlich eine Menge „weiße“ Lebensmittel, die schmeichelhafter klingen als Mayo und Hackfleisch. Aber ich glaube, es geht dabei grundsätzlich ums reduziert werden auf die Hautfarbe und aufs „Exotische“: Bei einer weißen Romanfigur passiert es eben sehr viel seltener bis fast gar nicht, dass sie über ihre Hautfarbe definiert und beschrieben wird, während das bei PoC quasi standard ist. Ich lese den Artikel und die eher hässlichen Vergleiche mit weißer Haut eher als Verärgerung darüber, und weniger als sachlichen Vergleich.
Am 03.04.2015 um 20:58:10 Uhr [Link]
D’accord, aber dann soll man das doch bitte auch so artikulieren und nicht manipulativ werden.
Ich denke halt, es liegt in der Natur der Sache – wenn in einem Buch eines weißen Autors/einer weißen Autorin für eine überwiegend „weiße“ Leserschaft Romanfiguren mit anderer Hautfarbe beschrieben werden, verkörpern die logischerweise die Minderheit-das Fremde-das Exotische. (wenn keine andere Hautfarbe vorkommt, dann ist das Fremde-Exotische halt was anderes, z. B. die Zuzüglerin aus Bielefeld in der Münchner Schicki-Micki-Redaktion, o.Ä.).
Dass dann Vergleiche gewählt werden, die in diese Assoziationskerbe schlagen, wundert mich nicht. Das Exotische wird in den vorliegenden Beispielen ja auch positiv konnotiert (und man kennt das ja aus Kolonialzeiten ganz anders – „schwarz wie Schuhcreme“, z.B., da wäre man dann in einem Bereich analog zu „weiß wir Mayonnaise“).
Die Frage ist doch, ob die Beschreibung einer nichtweißen Figur rein auf die Hautfarbe reduziert wird und eine Charakterzeichnung flachfällt – eine quantifizierbare Untersuchung dazu würde sehr klar zeigen, ob „Defizite“ in der Anlage nicht-weißer Romanfiguren vorliegen. (und ich kann mir durchaus vorstellen, dass diese Defizite existieren – je nach Genre. Aber mir wäre wichtig, dass da ordentliche Parameter gewählt werden und keine hinkenden, manipulativen Vergleiche.)
Die Hautfarbe/struktur-Vergleiche gibt es übrigens auch in der Literatur weißer Autor/innen über weiße Romanfiguren – z. B. „skin like peaches and cream“ für junge, besonders schöne Figuren oder“skin like old leather“ für ältere, nicht besonderes schöne Figuren.
Am 04.04.2015 um 08:32:05 Uhr [Link]
Sorry, aber ich denke, es ist nicht unbedingt angebracht einer Autorin of Color, die versucht, uns auf humorvolle Weise auf etwas aufmerksam zu machen, zu erklären, dass es nun mal in ihrer „Natur“ liegt, sich exotisieren lassen zu müssen. Hinweise dieser Art könnte man vielleicht einfach mal annehmen, ohne sie zu relativieren, und ohne zu verlangen, dass erst noch weitere Kriterien erfüllt sein müssen, bevor man als weiße Person zu aktzeptieren bereit ist, dass sich PoC mit solchen Beschreibungen ihrer Hautfarbe mitunter unwohl fühlen.
Am 04.04.2015 um 11:20:26 Uhr [Link]
Ich verstehe total, dass sie sich genervt fühlt, wenn das Kriterium, unter das Leute sie einschubladisieren, automatisch die Hautfarbe ist – nicht, z. B. Humor, Intelligenz, Sparsamkeit, was immer. Genauso genervt fühlen sich wohl alle, die nicht der großen Mehrheitsnorm entsprechen, und die auf das Außergewöhnliche ihrer Erscheinung reduziert werden. „Die Dicke“ und nicht „die kreative, freundliche Frau mit den hübschen Augen“; „der im Rollstuhl“ und nicht „der blonde junge Mann mit der tiefen Stimme“. Meine nigerianische Freundin sagt, wenn ein Weißer in ihrer Stadt auftaucht, ist großer Aufruhr, weil…WEISS!!! Das ist dann eben der Weiße und nicht der Deutsche, der in seiner Freizeit Mundharmonika spielt.
Wer leugnet, dass diese Schubladisierung stattfindet, lügt sich die Hucke voll. Sie richtet sich aber nicht explizit gegen Leute mit anderer Hautfarbe, sondern stürzt sich auf das auffälligste Merkmal, das die Person von der Masse unterscheidet – ob das jetzt das Gewicht, die Hautfarbe, der Rollstuhl ist. (Wir sind deutschsprachige Ausländer in Dtl., und die Schubladisierung läuft bei uns über den Akzent.) Und das eigentliche Drama daran ist, dass diese Zuschreibung nur überwunden werden kann dadurch, dass man die Person besser kennenlernt und andere Charakterisierungen ergänzen kann, aber dass die Anfangszuschreibung oft wie eine Barriere wirkt, über die Leute nicht mehr drüberkönnen. Dann bemüht man sich gar nicht mehr, die Schwarze, die Dicke, den im Rollstuhl näher kennenzulernen und herauszufinden, wer er/sie wirklich ist.
Das ist ein echtes Problem und ein menschliches Drama für beide Seiten (aber natürlich besonders für die Personen, die automatisch und dauerhaft „negativ“ einsortiert werden); trotzdem ist es meines Erachtens nicht hilfreich, die ganze komplexe Problematik auf eine Handvoll hinkende Vergleiche zu reduzieren, die mich als Leser manipulieren sollen, weil sie ein verzerrtes Bild der Situation bieten. Und ich nehme mir das Recht heraus, sloppy thinking anzusprechen, wenn ich darüberstolpere – egal, von wem es kommt. Weil es uns als Gesellschaft schadet, wenn sloppy thinking einreißt und die ernsthafte, auf Argumente gestützte Diskussion durch Emotionalisierung verhindert.
Am 04.04.2015 um 13:15:48 Uhr [Link]
Ich überlege stets lange hin und her, ob ich bei so etwas auch noch kommentieren soll, weil ich immer das Gefühl habe (noch) nicht tief genug in diesem Thema drin zu sein – aber jetzt kann ich es mir doch nicht verkneifen und versuche mich einfach mal an einer Antwort.
Beziehen möchte ich mich dabei hauptsächlich auf mom.
Du schreibst
„Das ist bei den gewählten Vergleichen (kartoffelbrei, rohes Hackfleisch) usw. natürlich nicht der Fall – das sind relativ unexklusive Basiszutaten für Hausmannskost.“
Marzipan ist bei diesem Text nicht die einzige Ausnahme, ganz im Gegenteil. Es gibt „glazed doughnut“, „marzipan shoulder (wie von dir angesprochen), „mozzarella untertones“, „the inside of an apple“ oder auch „vanilla wafer“.
Darum geht es aber gar nicht – was du dir bestimmt auch schon dachtest – und ich finde, das wird besonders bei Punkt 15 des Artikels deutlich:
„Her beauty was indescribable, which means she’s white.“
Es geht m.E. darum, dass überhaupt die Hautfarbe thematisiert wird. Solche Beschreibungen treiben weder die Handlung voran, noch haben sie irgendeinen anderen Effekt – wenn man es nicht bei allen Personen, die vorkommen, auch so macht.
Vielleicht sollte man da einfach grundsätzlich etwas überdenken. So lange es nämlich z.B. bei Verfilmungen von Büchern immer wieder zu großer Kritik kommt, weil Rollen, die nicht explizit so beschrieben sind, mit PoC besetzt werden, gibt es ein großes Problem.
Zuletzt aufgefallen ist mir das bei der Verfilmung der „Hunger Games“. In einem Artikel dazu heißt es
„There’s an underlying rage, coming out as overt prejudice and plain old racism. Sternberg is called a „black bitch,“ a „nigger“ and one person writes that though he pictured Rue with „darker skin,“ he „didn’t really take it all the way to black.“ It’s as if that is the worst possible thing a person could be.“
(Quelle: http://jezebel.com/5896408/racist-hunger-games-fans-dont-care-how-much-money-the-movie-made)
Du schreibst weiterhin
„Ich verstehe total, dass sie sich genervt fühlt, wenn das Kriterium, unter das Leute sie einschubladisieren, automatisch die Hautfarbe ist“
Der Punkt ist aber ja: In einem Buch geht es nicht darum, wie jemand auf den ersten Blick in eine Schublade gesteckt wird. Es geht größtenteils um Beschreibungen eines Erzählers – und da könnte man durchaus erst den Charakter (oder meinetwegen Haar- und Hatufarbe oder Körpergröße; was ja durchaus gängig ist) in den Vordergrund rücken.
So geschieht es beispielsweise in Dezsö Kosztolányis „Lerche“:
„Er betrachtete seine Tochter. Sie trug einen riesigen Hut mit altmodischen dunkelgrünen Federn und ein leichtes Kleid, gegen die große Hitze hatte sie ihren rosaroten Sonnenschirm aufgespannt, der scharfes Licht auf ihr Gesicht sickern ließ. […] Er wußte, daß die Arme nicht schön war, und das hatte ihn lange geschmerzt.“
Inwiefern würde es der Handlung helfen, wenn da noch ein Satz stünde wie „…und ihre Haut war schwarz wie ebenholz“? Das verstehe ich nicht.
Vielleicht ist das Problem, das ich habe aber auch, dass deine Antworten sich für mich alle darauf beziehen, wie man Menschen beim ersten Blick in eine Schublade steckt/stecken kann. Der Autorin des Artikels geht es aber um Beschreibungen in Texten. Und das ist meiner Meinung nach nochmal etwas ganz anderes und da gibt es auch ganz andere Möglichkeiten, Dinge zu thematisieren oder eben auch einfach mal zu entscheiden: Das ist egal. Es ist nicht wichtig für die Handlung.
So, das waren meine 5 cents zu dem Thema.
Am 05.04.2015 um 00:38:54 Uhr [Link]
Ich finde tatsächlich den Kontext, sowie die Art des Textes hier entscheidend. Das Denken der Autorin kann ich nicht beurteilen und wenn überhaupt wäre maximal ihre Argumentation unausgegoren. Mir ein Werturteil über ihr Denken zu erlauben, würde ich mir anhand eines gelesenen Textes nicht anmaßen.
Die eingangs von der Autorin sowie dir angesprochenen Vergleiche sind keine, die sich sich ausgedacht hat. Sie zählt sie lediglich auf, Der Kontrast zu den anderen Lebensmittelgruppen ist polemisch, dient aber lediglich der Illustration des Ungleichgewichtes in der Darstellung. Deine persönliche Befindlichkeit ist natürlich legitim, spielt aber für die tatsächliche Darstellung in der Literatur nahezu keine Rolle.
Das von dir erwähnte „Exotisieren“, bzw. die Konnotation erkenne ich hier gar nicht. Fakt ist, dass PoC immer noch aufgrund eines äußerlichen Merkmales, nämlich der Hautfarbe beschrieben werden, während dass bei Weißen nicht der Fall ist.
Am 03.04.2015 um 21:34:51 Uhr [Link]
Ich fand es auch erst hinkend. Aber in diesem Fall reicht ja einfach eine Sensibilisierung dafür, zumal der Aspekt des Exotischen, des Aparten, mit dem man sich schmücken will, ja tatsächlich ein „Gschmäckle“ hat.
Am 08.04.2015 um 00:31:03 Uhr [Link]
Was ich richtig cool finde: wenn man auf Twitter die statements lesen kann, die eigentlich zu diesem blog gehören.
Weil ja eigentlich alles klar ist.
Und es immer noch Doofe gibt, denen nicht alles so klar ist. Grrr.
Nein, lass es so stehen. Ist schon o.k.
Am 08.04.2015 um 08:50:25 Uhr [Link]
Liebe Gaby,
mein Leben besteht nicht nur aus diesem Blog, und längst nicht alles, was ich twittere, bezieht sich auf irgendwas in diesem Blog. Außerdem habe ich nirgendwo gesagt, dass irgendjemand doof sei, weil ihm oder ihr bestimmte Zusammenhänge nicht klar sind. Die Äußerung, auf die du dich vermutlich beziehst, hatte nichts mit diesem Blog oder deinem Kommentar zu tun, sondern mit einer Gespräch über verschiedene Schulformen, das ich mit einer befreundeten Mutter geführt habe.
Ich finde es super, dass du dich mit dem Thema auseinandersetzt und anfängst, bestimmte Sachen zu verstehen. Und ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es beileibe nicht leicht ist, alles auf einmal zu verstehen, an sich selbst zu reflektieren und sein Verhalten und seinen Sprachgebrauch entsprechend zu ändern. Das sind Prozesse, die mitunter Jahre dauern. Auch mir (und vielen anderen, die noch viel tiefer im Thema sind und viel umfangreicheren Aktivismus betreiben) gehen immer wieder irgendwelche Lichter auf, dass Wort XY, das ich noch immer benutze, oder Handlung YZ, die ich noch immer gewohnheitsmäßig ausführe, so nicht okay sind. Dass das immer noch passiert, und dass ich nicht alles auf Anhieb nachvollziehen kann, hat nichts mit Dummheit zu tun. Sondern einfach damit, dass ich jahre- und jahrzehntelang so geprägt und sozialisiert wurde, weil Alltagsrassismus in unserer Gesellschaft, und damit in unserer Erziehung, im Sprachgebrauch etc. eben eine ganz tief verankerte Sache ist. Es geht nicht darum, von einen auf den anderen Tag eine perfekt fettnäpfchenfreie Antirassistin zu sein, sondern es geht um die Bereitschaft, solches Verhalten an sich selbst zu erkennen und in Zukunft zu vermeiden. Und ich finde es toll, dass du die ersten Schritte dazu tust. Mach weiter so, und auch wenn es zwischendurch aufreibend und anstrengend ist, lass dich nicht davon abbringen. Und red dir nicht ein, du seist zu doof. Bist du nämlich nicht.