WIP Wednesday: Wozu ich alles nicht komme.

Heute mal ein WIP Wednesday der anderen Art: Anstatt aufzuzählen, was ich gerade so alles mache (und das ist halt doch irgendwie immer ähnlich viel gleichzeitig), erzähle ich euch diesmal, was ich alles nicht mache. Was alles liegen bleibt, unbearbeitet, auf dem ewigen Stapel der zu erledigenden Dinge, weil anderes Vorrang hat. Ziemlich häufig bekomme ich nämlich Bewunderung ausgesprochen, was ich denn alles so schaffen würde, und das in so kurzer Zeit, und noch dazu neben dem Haushalt und den drei Kindern, die, so nehmen die meisten Leute an, ja vermutlich meine Hauptbeschäftigung seien. Ich fürchte, ich muss da heute mal ein paar Illusionen zerstören.

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Es ist nämlich so: Ja, ich arbeite tatsächlich in jeder freien Minute, und das ist so wörtlich zu nehmen, wie es da steht. Es gibt keine Minute am Tag, an dem meine Hände nicht irgendwas machen, und meistens tun sie etwas, das mit meiner Arbeit zusammenhängt. Meine Aufträge von Kund*innen, Zeitschriftenverlagen und Webseitenbetreiber*innen, meine Buchprojekte, Kurs- und eBook-Experimente haben derzeit Priorität. Vor allem vor dem Haushalt, was schlicht bedeutet, dass ich den nicht mache.

Außer einkaufen, kochen, Spülmaschine ausräumen, Therapietermine mit dem Mädchen wahrnehmen und ab und an mal saugen mache ich hier zur Zeit fast nichts. Der Mann übernimmt zusätzlich zu seinem Anteil an der Hausarbeit, den er ohnehin hätte, noch so einige zusätzliche Aufgaben. Er macht Wäsche, Müll, Putz- und Aufräumarbeiten abends nach seinem Büro-Feierabend oder am Wochenende. Empfundenerweise macht er hier deutlich mehr als ich, und auf jeden Fall erledigt er die eindeutig unangenehmeren Arbeiten. Ohne ihn und seine Unterstützung würden wir hier total im Chaos untergehen,  und ich könnte ich meinen Job so nicht machen – oder bräuchte eine Putzhilfe, über die ich auch so immer wieder nachdenke. Die Nachmittage versuche ich meist, den Kindern zu widmen. Aber die verabreden sich oft, oder spielen tatsächlich auch teilweise stundenlang am Stück gemeinsam in ihrem Zimmer. Und wenn das so ist, nutze ich diese Zeit auch oft zum Arbeiten. Anders ginge es einfach nicht.

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Aber es ist nicht so, dass ich mich damit rühmen möchte, wenn ich so etwas schreibe. Trotz des großen Einsatz des Mannes bleibt immer noch vieles liegen. Oft nagt es an mir, dass ich von meiner Familie erwarte, dass sie die Konsequenzen meines Ehrgeizes mittragen muss. Und besonders piekst mich immer wieder das Gefühl der Unzulänglichkeit, wenn ich merke, dass ich Dinge, die ich für meine Kinder tun will, arbeitsbedingt nicht schaffe. Symbolhaft dafür stehen zur Zeit die die Fotoalben, die seit Jahren im Schrank stehen, eines für jedes Kind. Eigentlich will ich sie jedes Jahr zum Geburtstag des jeweiligen Kindes auf den aktuellen Stand bringen; zwei Seiten für ein Lebensjahr, klingt ja machbar. Alle paar Monate, wenn wieder ein Kindergeburtstag ansteht, packt mich das schlechte Gewissen besonders fies im Nacken. Denn faktisch sind zwei der drei Alben noch immer leer; nur das Album des großen Sohns weist schon ein paar schöne Seiten auf. Allerdings auch nur bis zum vierten Lebensjahr – im Herbst wird er sieben. Während mir das herumstehende Geschirr, die nicht zusammengelegte Wäsche, die ungeputzten Bäder die meiste Zeit noch relativ egal sind, macht mir das wirklich was aus.

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Nächsten Monat hat der kleine Sohn Geburtstag, und ich schwöre, mit jedem Tag, den sein sechstes Lebensjahr näherrückt, starren mich die Alben aus dem Schrank heraus vorwurfsvoller an. Daher habe ich vor kurzem alle wichtigen Fotos aus den letzten drei Jahren bei Müller Foto online bestellt, und jetzt liegt ein dicker Stapel wunderschöner Fotos in echt guter Qualität mahnend auf dem Tisch und will bald zu schönen Fotoseiten verarbeitet werden. Die Fotos machen richtig Lust, sich diesem Projekt wieder zu widmen. Wo ich das zeitlich unterbringen soll, ist mir gerade noch ein Rätsel, aber irgendwie werde ich das hinkriegen. Bevor die Fotoalben noch anfangen, mir bedrohlich zuzuflüstern.

9 Kommentare

  1. anne
    Am 27.05.2015 um 10:12:54 Uhr [Link]

    falls es finanziell irgendwie bei euch drin ist: es ist wirklich gold wert, jemanden zu haben, der einem die nervigsten haushaltsarbeiten abnimmt. früher war ich konstant gestresst und hatte das gefühl, es kommt ständig alles zu kurz. weg ist das nicht (eh klar, bleibt nicht aus wenn beide eltern arbeiten und z.t. selbständig sind) – aber es ist viel besser als früher. und es hat zumindest bei mir echt einfluss auf die psychische gesundheit – das chaos im haus überträgt sich auf mein chaos im kopf..

    finde das aber bei dir alles total normal :) sowas wie fotoalben liegen bei uns auch chronisch unbeendet rum, es stapeln sich angefangene handarbeitsprojekte, die ich nicht fertig bekomme (zugunsten von familienzeit), diverse emails, die ich seit wochen beantworten wollte etc. etc. – ich hab mich damit abgefunden, dass das eben die nächsten 10-15 jahre so bleibt. wird auch wieder einfacher.

    • ella
      Am 27.05.2015 um 10:16:57 Uhr [Link]

      An einer Putzhilfe überlege ich seit langer Zeit immer wieder herum, und ich hätte sehr gerne eine. Allerdings werden wir uns nicht einig, ob wir uns eine leisten können ;)

      • anne
        Am 27.05.2015 um 11:06:28 Uhr [Link]

        wir können es uns _eigentlich_ auch nicht leisten, aber die entlastung die es für uns bringt, ist es uns wert, auf anderes zu verzichten. je nachdem, was ihr möchtet, reicht es ja vielleicht auch schon, wenn alle 2 wochen mal jemand kommt und nur das gröbste macht?

  2. Frau PN
    Am 27.05.2015 um 10:24:00 Uhr [Link]

    Oh ja, die Fotoalben sind auch was, was an mir nagt weil ich mir nicht die Zeit dafür nehme. Ich hab nichtmal angefangen… Nur Alben liegen hier leer…

    Auch dafür wird die Zeit kommen. Bei Dir wie bei mir.

  3. juli
    Am 27.05.2015 um 12:12:46 Uhr [Link]

    Liebe Ella,
    bei deinem Bericht musste ich ein bisschen lachend an ein Wochenende von mir im März denken, wo ich ebenfalls mal gezeigt habe, was alles so liegenbleibt (http://julizeit.blogspot.de/2015/03/wochenende-in-bildern-6-8315.html).
    Im Moment stören mich solche Haufen zu Glück weniger.
    Das mit den Fotos kenne ich auch. Das erste Kind hat noch drei dicke eigene Alben bekommen (da hatte ich auch noch keine Digitalkamera), inzwischen mache ich pro Jahr nur noch ein Familien-Jahrbuch (bei cewe-Fotobuch). Das ist zwar etwas teuer, aber so habe ich gleich noch zwei Großeltern-Geschenke, die dann Kind 2 und 3 erben können… (Nimmt auch nicht soviel Regalmeter Platz weg.)
    Viele Grüße noch an dich, dein blog gehört zu den regelmäßig-am-liebsten-gelesenen,
    von Juli

  4. Gabriela, Berlin
    Am 27.05.2015 um 14:55:47 Uhr [Link]

    „Außer einkaufen, kochen, Spülmaschine ausräumen, Therapietermine mit dem Mädchen wahrnehmen und ab und an mal saugen mache ich hier zur Zeit fast nichts.“

    Liebe Ella, einkaufen, kochen, Geschirr für fünf Personen ist eine ganze Menge Arbeit… Und dann bist Du noch jeden Nachmittag für die Kinder da, die ja auch nicht um 4 Uhr nachmittags vom Kindergarten kommen, sondern schon immer mittags. Außerdem hast Du noch ein Kind, das immer zu Hause ist und von Dir betreut wird. Für viele Mütter ist das allein schon völlig ausreichend. Zu Recht.
    Du arbeitest aber immer noch – in jeder freien Minute und oft nebenbei und nachts.
    Irgendwie finde ich, Du redest das ganz schön klein, was Du so leistest.

  5. Sgr
    Am 27.05.2015 um 15:31:32 Uhr [Link]

    Falls jemand in Eurer Familie eine Pflegestufe hat: Die Ersatzpflege darf auch für eine Haushaltshilfe eingesetzt werden.

    Ich kann Deinen Text sehr gut nachvollziehen. Nur, da bei uns Therapeuten, Pädagogen, Pfleger ein- und ausgehen, traue mich nicht, den Haushalt brach liegen zu lassen und mache ihn lieber nachts oder auf Kosten der Zeit meines Kindes. Das macht mich sehr fertig (und die Nachtschichten auch körperlich kaputt). Ich versuche auch, in der Selbsthilfe aktiv zu sein, um die Rahmenbedingungen für mein Kind zu verbessern, aber auch das ist Zeit, die ich uns stehle. Wir haben sie nicht. Tagebücher und das tägliche Foto, was mir eigentlich sehr wichtig ist, weil ich weiß, dass mein Kind jeden Moment sterben könnte, liegen auch brach. Dabei kenne ich doch den Schmerz, wenn man zu wenige Erinnerungsobjekte hat (ehrlich gesagt hat man immer zu wenig). Trotzdem schreien andere Sachen lauter und ich schaffe es nicht, den Dingen, die wirklich wichtig sind, den angemessenen Raum zu geben.

    Alles Liebe und Gute wünsche ich Dir!

  6. Eos
    Am 27.05.2015 um 21:26:55 Uhr [Link]

    Seit Jahren stille Leserin, aber an dieser Stelle muss ich kommentieren: Zum letzten Weihnachtsfest, im Alter von 10! und 7! Jahren haben meine Söhne ihre ersten Fotoalben bekommen – die jeweils bis zum Ende ihres 6. Lebensjahrs reichen. Und sie lieben die Alben sehr und freuen sich schon sehr auf die Fortsetzung in diesem Jahr. ;) Du bist also noch gar nicht spät dran, liebe Ella!

  7. Karin
    Am 28.05.2015 um 22:11:53 Uhr [Link]

    Dieses miese Gefühl, was einem auch manchmal von außen gemacht wird, irgendwie nicht zu genügen kenne auch ich. Meine Kinder sind zwar inzwischen aus dem Haus, aber immer noch ist keine Ruhe eingekehrt und immer wieder ist was so dringend, dass Herzensangelegenheiten liegen bleiben.
    Wie ich die Fotoalben für meine zwei hinbekommen habe ist mir ein Rätsel. Aber hat die Große fünf Alben, sind es beim „Kleinen“ nur zwei geworden.
    Was ich jedoch regelmäßig gemacht hatte, waren zwei Kisten mit Kleidern und Kram zu befüllen. Dazu gehörten auch die Fotos bis sie in Alben landeten, zum Glück mit Umschlag, Datum und ein paar Zeilen ;-)
    Ganz viel Freude machte ich beiden zum 18. Geburtstag mit einer gebundenen Sammlung ihrer Bildwerke im Wandel der Zeit.
    Ich habe mir in den Jahren als gefühlt gar nichts mehr ging die Bettwäsche zum Waschen und Mangeln gebracht.
    Viele Grüße,
    Karin

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