Die Sache mit der Preisgestaltung – Handgemachtes nur für Reiche?
Was mich seit der Gründung von ringelmiez umtreibt, ist die Frage, wie ich meine Preise gestalte. Ich fange an dieser Stelle nicht wieder die Diskussion um vermeintlich zu hohe Preise für handgemachte Dinge an. Die wird im Selbermach- Internet seit Jahren geführt und es haben schon viele andere Selbermacher_innen etwas dazu geschrieben. Aber heute morgen erst deutete ich ja an, dass ich von meiner Arbeit gerne leben können möchte, und zwar so, dass der Mann seine Arbeitszeit reduzieren kann. Irgendwann möchten wir die Rollen hier bei uns zu Hause gern tauschen: Der Mann möchte zuhause bleiben und sich um Kinder und Haushalt kümmern, während ich dann für das Familienauskommen zuständig bin.
Ein ganz wesentlicher Teil dieses Vorhabens ist, welchen Preis, welchen Wert ich für meine Arbeit ansetze.
Jahrelang fiel es mir ziemlich schwer, meine Preise so zu kalkulieren, dass sie dem Wert meiner Arbeit wirklich entprechen. Es ist nunmal so: Wenn ich von meiner Arbeit leben können will, bedeutet das, dass sich nur wohlhabende Menschen meine Sachen leisten können. Setze ich meine Preise niedriger an, kann ich von dieser Arbeit nicht leben, und dann kann ich diese Selbstständigkeit nicht machen. Da kann man noch so lange über den unbestreitbaren Wert von Handarbeit referieren – Eine Puppe für 200 Euro ist für ein alleinerziehendes Elternteil, für ein_e HartzIV- Empfänger_in oder einen Menschen mit geringem Einkommen einfach nicht erschwinglich. Es mangelt da gar nicht mal an Bereitschaft, für ein hochwertiges, schönes Handarbeitsprodukt einen fairen Preis zahlen zu wollen – es ist einfach das Geld, das fehlt.
Das kneift mich im Magen, und ich weiß noch nicht recht, wie ich damit umgehen soll. Ich möchte weniger wohlhabende Menschen nicht aus meinem Kund_innenkreis ausschließen müssen, damit ich von meiner Arbeit leben kann.
Denn gerade nach Puppen ist der Wunsch dennoch oft so groß. Manchmal legt dann die ganze Familie zusammen, damit der Herzenswunsch erfüllt werden kann. Manchmal geht auch das nicht, und in diesen Fällen habe ich bisher Ratenzahlung angeboten. Damit habe ich aber auch des öfteren schon weniger gute Erfahrungen gemacht. In absoluten Einzelfällen bin ich mit dem Preis auch schon deutlich runtergegangen – was dann aber so deutlich zu meinem Nachteil ausfiel, dass ich es mir eben auch nicht leisten kann. Beides kann keine funktionierende Lösung sein. Aber gerade, wenn es um Puppen geht, beschäftigt mich die Sache so, dass ich gerne eine Lösung dafür hätte. Was tun also?
Sehr inspirierend finde ich da zum Beispiel die Idee der suspended coffees. Immer mehr Cafés bieten die Möglichkeit an, neben dem eigenen Kaffee einen weiteren für eine arme Person zu bezahlen. Das Geld dafür landet in einer gesonderten Kasse, und davon kann sich dann zum Beispiel ein_e Obdachlos_e ihren oder seinen Frühstückskaffee finanzieren. Eine sehr schöne Idee, die auch hier in Deutschland immer mehr Fahrt aufnimmt.
Meine aktuelle Überlegung ist, angelehnt an diese Idee sowas wie suspended dolls anzubieten: Wer bei mir eine Puppe oder einen Quilt kauft, kann auf freiwilliger Basis zusatzlich zum Kaufpreis 5 oder 10 Euro (oder 20 oder 50, je nach Geldbeutel) in eine Art Solikasse spenden. Mit dem Geld, was sich darin sammelt, kann ich ärmeren Menschen dann einen Rabatt in festgelegter Maximalhöhe gewähren – Mindestens 50, maximal 100 Euro fände ich angemessen. Natürlich hat auch diese Sache potentielle Tücken, denn wie will ich sicherstellen, dass der Solidaritäts- Rabatt auch wirklich bei Menschen landet, die es sich anders wirklich nicht leisten könnten? Ich bin keine Behörde, ich kann und will mir keine Einkommensbescheide zeigen lassen oder sowas. Diese Methode würde also rein auf Vertrauensbasis funktionieren. Und es könnte mitunter recht lange dauern, bis sich in der suspended dolls -Kasse ein ausreichend hoher Betrag angesammelt hat. Kund_innen, die für so eine Soli- Puppe in Frage kämen, müssten also vielleicht recht lange in der Warteschlange stehen.
Wie findet ihr diese Idee? Habt ihr andere Vorschläge?
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Nachtrag: Vielen Dank für euer Feedback und eure Vorschläge! Ich werde die Idee mit den suspended dolls ausprobieren und habe meine FAQ um einen entsprechenden Punkt dazu ergänzt. Ich bin gespannt, wie sich das in der Praxis so macht und werde beizeiten berichten.