Die Sache mit den Indianerkostümen – Nachwort

Wie zu erwarten war, hat Jasnas und mein Artikel zum Thema “Indianer”kostüme und Alltagsrassismus ziemliche Wellen geschlagen. Wir haben damit gerechnet, dass er bei weitem nicht überall gut ankommen würde. Es gibt ein paar Dinge, die ich dazu gerne festhalten möchte:

Es ist mir wichtig, im Gedächtnis zu behalten, dass die positiven, nachdenklichen, ernsthaft interessierten und sachlich kritischen Reaktionen überwiegen. Das macht mich froh. Ich erwarte kein reflexartiges Beifallklatschen auf solche Artikel, aber ich freue mich über jede*n, die*der durch Texte dieser Art ins Nachdenken gerät.

Es gab auch gar nicht wenige Leute, die sich sehr über unseren Artikel gefreut haben, weil sie das Thema sehr wichtig finden und es noch nicht viele deutschsprachige Artikel dazu gibt.

Außerdem möchte ich mich von Herzen bedanken für allen Support, den ich und den wir erfahren haben. Support von anderen Aktivist*innen, die wissen, wie aufreibend es ist, sich mit kritischen Themen in die Öffentlichkeit zu stellen, und die uns den Rücken stärkten. Mein besonderer Dank gilt Distelfliege, die uns trotz Fieber und Krankheit intensiv beim Moderieren der Kommentare auf allen Kanälen geholfen hat.

♥ Danke! ♥

Leider hatte ich bei sehr vielen anderen Leuten, mit denen wir auf facebook, twitter, und hier im Blog diskutiert haben den Eindruck, dass sie a) unseren Text gar nicht richtig gelesen hatten, b) die darin verlinkten Verweise nicht gelesen hatten und c) sich oft nicht einmal mit den Grundlagen der Thematik auskannten. Uns wurde mehrfach Anmaßung vorgeworfen. Aber ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich es viel anmaßender finde, wenn weiße Menschen ihre Argumente auf einem trotzigen „Das find‘ ich halt!“ aufbauen und meinen, ihr uninformiertes Gerede aus dem Stegreif sei ernstzunehmender, als das, was Leute schreiben, die entweder selbst von Diskriminierung betroffen sind, oder sich seit langer Zeit intensiv damit auseinandersetzen, oder beides.

Es ist übrigens noch gar nicht so lange her (vielleicht etwa 2 Jahre), dass ich selbst ganz genauso war. Irgendwann schreibe ich mal darüber, wie aus mir eine politische Aktivistin wurde, und was für eine ignorante Kackbratze ich davor war. Die gute Nachricht ist also: Auch für diese Leute gibt es noch Hoffnung, und auch genau für diese Leute werde ich weiterhin immer mal wieder Texte zu politischen Themen schreiben.

Besonders traurig fand ich, dass unter diesen Leuten sehr viele Eltern, vor allem Mütter, waren, die teilweise selbst Blogs übers Kinderhaben und Elternsein schreiben, und auch immer wieder auch darüber, wie wichtig Ihnen Respekt und der Umgang mit Grenzen (auch anderer Menschen) sind. Scheinbar bezieht diese Achtsamkeit aber nur auf weiße Menschen; sobald es um die Grenzen und den Respekt gegenüber (in diesem Fall) American Natives geht, ist Respekt und Rücksichtnahme zu viel verlangt. Die sollen sich dann „mal locker machen“ oder „mal nicht so anstellen„. Das erschüttert mich wirklich.

Ich will an dieser Stelle einige der kritischen Reaktionen, die recht häufig kamen, nochmal kurz zusammenfassen und kommentieren.

  • Was maßen sich zwei Weiße überhaupt an, für eine Bevölkerungsgruppe zu sprechen, mit der sie überhaupt nichts zu tun haben?“

Man braucht auch als privilegierte weiße Person keine Legitimierung, um auf Rassismus und andere Formen der Diskriminierung aufmerksam machen zu dürfen, und sich für Menschen einzusetzen, die von Diskriminierung betroffen sind. Meine Motivation, das zu tun kommt daher, dass ich Ungerechtigkeiten im Großen wie im Kleinen schlecht aushalten kann. Etwa 80% meines Freundeskreises besteht aus teilweise mehrfach von Diskriminierung betroffenen Menschen, und ich sehe einfach fürchterlich ungern einfach dabei zu, wie es Ihnen schei*e geht, weil andere Weiße keine Lust haben, sich zum Beispiel mal mit (Alltags-)Rassismus auseinanderzusetzen. Ich will ihnen zur Seite stehen und mich für sie einsetzen. Gerade auch, weil sie oft nicht gehört und nicht ernstgenommen werden, wenn sie es selbst versuchen. Abgesehen davon haben wir in unserem Artikel viele Stimmen von Betroffenen selbst verlinkt. For the record: Jasna ist nicht weiß.

  • „Es haben doch überhaupt nicht alle American Natives was gegen Indianerkostüme! Ich kenne welche, und die finden das total okay!“

Nicht jede Person, die von Native Americans abstammt, fühlt sich selbst von Diskriminierung betroffen. Dass es tatsächlich welche gibt, denen Indianerkostümierungen egal sind, kann für die anderen nicht bedeuten, dass sie still sein und Diskrmininierung aushalten müssen. Und es kann auch nicht bedeuten, dass das Thema deshalb nicht diskutiert werden darf.

  • „Wenn so ein Artikel schon so belehrend anfängt, dann lese ich den gar nicht weiter! Dieser Tonfall! Also bitte!“

Das ist das sogenannte Tone-Argument (bitte lesen), das oft und gerne verwendet wird, um jemandem, der auf einen Missstand aufmerksam macht, Unfreundlichkeit vorzuwerfen, und so vom eigentlichen Thema der Diskussion abzulenken. Die meisten politischen Aktivist*innen, die ich kenne, reagieren darauf (zurecht) nur noch mit Ignoranz oder Blocken, weil es ein klassisches Derailing (auch das: bitte lesen) darstellt. Ich ärgere mich einfach über diesen Vorwurf: Sehr oft werde ich (übrigens auch nicht gerade in einem freundlichen Tonfall) aufgefordert, doch gefälligst mal zu erklären, was an XY jetzt bitte rassistisch sein soll. Es ist nicht mein Job, andere Weiße in der Hinsicht weiterzubilden – es wäre der Job der Leute selbst, sich ins Thema einzulesen. Aber weil es mir wichtig ist, das möglichst viele Menschen anfangen, sich mit Themen wie zum Beispiel Rassismus zu beschäftigen, schreibe ich Artikel wie eben jenen mit Jasna über Indianerkostümierungen. Sachlich, freundlich, wohlmeinend. Und bekomme dann vorgeworfen, wir würden uns zu belehrend ausdrücken. Abwehrendes Verhalten dieser Art ist eine typische Reaktion in  Diskussionen dieser Art, die meistens reflexartig und unbedacht passiert. Wenn du eine solche Reaktion an dir selbst feststellst, versuche sie als “inneres Glöckchen” zu deuten, dass dich daran erinnern will, an dieser Stelle erst einmal genau hinzuhören und nachzudenken, bevor zu anfängst, dich unreflektiert aufzuregen.

  • „Dass Erwachsene das alles nachvollziehen können und demzufolge vielleicht auch auf Indianerkostümierung verzichten sollten – okay. Aber Kinder können keine Rassisten sein! Demzufolge kann es auch nicht rassistisch sein, wenn Kinder sich als Indianer verkleiden!“

Kinder können sich vielleicht nicht aktiv dazu entscheiden, Rassist*innen zu sein. Aber was Erwachsene ihnen vorleben, hat großen Einfluss auf sie. So übernehmen Kinder von Erwachsenen auch rassistische Stereotype und führen (alltags)rassistische Handlungen aus – genau, wie die meisten Erwachsenen, ohne sich darüber bewusst zu sein. Und so wird das von einer Generation an die nächste weitergegeben. Woran man selbst als Kind Spaß hatte, kann ja für die eigenen Kinder nicht schlecht sein. Das ist genau der Grund, weshalb der Alltagsrassismus so tief in uns allen sitzt, dass es uns schwer fällt, ihn an uns selbst zu entlarven. Es kann also nicht sinnvoll sein, Kinder Handlungen ausführen zu lassen, die Erwachsene aus guten Gründen unterlassen sollten. Aus dem gleichen Grund greifen Eltern ja auch ein, wenn ihre Kinder andere Kinder hauen oder andere Dinge tun, die wir unter „so geht man mit anderen Menschen nicht um“ einstufen.

  • „Was ist denn, wenn euer Kind sich als Hexe verkleiden will? Lebt ihr denn euer Leben auch sonst komplett ausbeutungsfrei und unfehlbar? Es tut mir leid, aber wenn ich an euch nur eine Sache finde, die nicht zu 100% verantwortungsvoll ist, und sei es auch nur, dass ihr Kaffee trinkt (ausgebeutete Kaffeebauern!), eure Kinder als Hexe (Hexenverfolgung!), Küken (Massentierhaltung!), Pirat (Massenmörder!) gehen lasst oder sonstwas, dann kann ich euer moralisch hochtrabendes Gerede über Indianerkostüme schon nicht mehr ernst nehmen.“

Dazu zitiere ich etwas, das Distel gestern im Rahmen einer solchen Diskussion antwortete:

„Das (…) ist etwas, was sehr auch oft gebracht wird, wenn Diskriminierung angesprochen wird. Ich nenne es das „100% Konsequent und 100% Klar abgegrenzt- Argument“. Entweder von der Person, die es anspricht, wird verlangt, 100% konsequent in keinerlei diskriminierende Strukturen involviert zu sein (was ihr sowieso nicht möglich ist), oder das Thema wird so weit in einen Grauzonenbereich rübergezogen, bis das ursprüngliche Anliegen aus dem Blickfeld gerät und alle sich wohl fühlen können damit, dass eh alles irgendwie bluna und etwas verwässert und nicht so wirklich klar benennbar ist. Die Person, die Diskriminierung anspricht, hat damit die unmögliche Aufgabe, eine 100% klare Abgrenzung vorzunehmen in einer komplexen und diversen Welt. Beide Dinge sind nicht leistbar und ich finde das deshalb auch nötig, beim Ansprechen von Gefahren (Essentialisierung) oder bei dem Hinweisen auf Unschärfen und Grauzonen darauf zu achten, dass die ursprüngliche Diskussion davon nicht kleingeredet, abgewehrt und derailt wird. (…) Eine Alternative kann nicht sein, Diskriminierung nicht mehr zu besprechen.“

Grundsätzlich möchte ich denen, die sich gern weiter informieren möchten noch ein zwei Lesetipps zum Thema Rassismus und Diskussionskultur mit auf den Weg geben.

– Das Buch von Noah Sow, Deutschland Schwarz Weiss: Der alltägliche Rassismus*

Derailing für Anfänger: Ein ironisch geschriebener, aber sehr aufschlussreicher Leitfaden zur Gesprächskultur in Diskussionen mit oder über marginalisierte Menschen.

– Ein Vorwurf, den Aktivist*innen sehr oft hören ist, sie würden sich für unfehlbar halten. Ein paar Gedanken dazu.

– Die Initiative Schwarze Menschen e.V.

Der braune Mob

 

In diesem Sinne: Habt ein schönes Wochenende. Wir haben in den vergangenen 30 Stunden mehr als genug diskutiert und brauchen jetzt eine Pause; daher sind Kommentare zu diesem Blogpost deaktiviert. Im „Indianer“Kostümartikel kommen jetzt sehr viele Kommentare, die sich wiederholen, und deren Inhalt längst besprochen wurde (vieles davon findet sich in obiger Liste wieder). Solche Kommentare werden nun nicht mehr freigeschaltet; sachliche Kommentare mit neuen Inhalten werden weiterhin freigegeben.

Ich freue mich auf weitere anregende Diskussionen mit euch in der Zukunft!

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Kulturelle Aneignung und Alltagsrassismus im Fasching: warum ich meinen Kindern keine Indianerkostüme nähe.

16330628857_176a428573_kFasnacht, Fasching, Karneval: Es ist mal wieder soweit – wir sind mitten in der fünften Jahreszeit. Letztes Jahr um diese Zeit befand ich mich in einem mittelschweren Gewissenskonflikt, weil der kleine Sohn unbedingt als Indianer gehen wollte. Er hatte schon ganz konkrete Vorstellungen für Federschmuck und Kriegsbemalung, und angesichts seines Enthusiasmus tat es mir schon sehr leid, ihm diesen Wunsch nicht erfüllen zu können.  Denn obwohl zu Karneval angeblich ja alles erlaubt ist , sollte man – auch Kinder – auf eine Indianerkostümierung  dennnoch besser verzichten. Warum? Um diese Frage zu beantworten, habe ich mir mal wieder Unterstützung von Jasna Strick, a.k.a Tugendfurie, geholt, die ihr bereits von diesem Artikel kennt. Jasna bloggt sonst auf der keine Unterschied.
Ja, richtig: Bei der Beantwortung dieser Frage geht es um (Alltags-)Rassismus. Warum das Verkleiden als Indianer eine rassistische Handlung ist, war schon vor längerer Zeit mal ein heiß diskutiertes Thema in meiner Internet-Bubble. Jasna und ich haben versucht, anhand von Fragen und Reaktionen, die wir in solchen Diskussionen typischerweise hören, die wichtigsten Aspekte so verständlich wie möglich zu erklären. Es geht hier aber nicht darum, irgendjemanden an den Pranger zu stellen – Alltagsrassismus ist in uns allen so tief verwurzelt, dass man sich oft gar nicht darüber bewusst ist, wenn man ihn ausübt. Es ist nicht schlimm, wenn man das an sich selbst feststellt – schlimm wäre, wenn man dann nicht versuchen würde, etwas daran zu ändern. Denn für die Betroffenen ist Alltagsrassismus weder harmlos noch witzig. Es macht also einfach Sinn, sich selbst in dieser Hinsicht immer mal wieder auf Viren und Trojaner zu überprüfen, die eigenen Denkmuster zu hinterfragen und gegebenenfalls zu ändern.

“Mama! Papa! Ich habe “Indianer” in Western gesehen und finde die total super!”


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Angenommen, dein Kind kommt mit diesem oder einem ähnlichen Ausspruch zu dir, dann solltest du dir als Elter klar darüber sein, dass “Indianerfilme” ein Teil westlicher und weiß-dominierter Filmindustrien sind und somit nicht-weiße Menschen meistens nicht so darstellen, wie sie wirklich sind – einfach, weil diese Menschen nicht Teil der Filmindustrie sind und selbst keinen Einfluss nehmen können.

Schon die Bezeichnung “Indianer” ist keine Selbstbezeichnung, sondern der Name, den die Eingewanderten den Leuten gegeben haben, die sie trafen. “Indianer” nimmt keine Rücksicht darauf, dass es sich bei den Native Americans um unterschiedliche Kulturen handelt. Aus diesem Grund möchten wir hier auch nicht die kolonialistische Fremdbezeichnung verwenden, sondern sprechen von Native Americans (oder allgemeiner von People of First Nations).

Wenn dein Wissen über Native Americans also aus solchen Filmen oder Büchern stammen, die nicht von den Menschen selbst geschrieben wurden, weißt du vermutlich sowieso wenig bis nichts über sie ;-) “Die Indianer” gibt es gar nicht, also kannst du dich bei deinem oder dem Kostüm deines Kindes immer nur auf rassistische Stereotype beziehen.
Okay, ein kleines Kind kann das so noch nicht verstehen. Die Kinder-Suchmaschine Blinde Kuh hat aber genau diesem Thema eine ganze Reihe kleiner Artikel verfasst, die auch für Kinder schon verständlich sein können. Du findest sie hier.

 

Aber ist es nicht schön, sich aus unterschiedlichen Kulturen bedienen zu können und z.B. Kleidungsstücke aus anderen Ländern als Verkleidung zu tragen?

Wenn eine Kultur die Symbole, Kleidungsstücke, Handlungen usw. einer anderen übernimmt, wird das als kulturelle Aneignung bezeichnet. Besonders, wenn die Kultur, aus der etwas übernommen ist, eine Minderheit ist, unterdrückt wird oder eine Vergangenheit als kolonialisierte Nation hat. Bei kultureller Aneignung werden oft heilige oder bedeutungstragende Gegenstände oder Handlungen zu Elementen von Popkultur und verlieren ihre Bedeutung, weil die Träger*innen oder Ausführenden als Angehörige einer anderen Kultur kein Verständnis für die ursprünglichen Bedeutungen haben (können).

Unter kulturelle Aneignung fällt z.B. wenn westliche Modeschöpfer*innen plötzlich das Bindi als Accessoire entdecken und weiße Menschen Dreadlocks tragen. Darunter fallen auch und gerade viele Elemente, die im Karneval als Kostümierung verwendet werden. (Ganz viele weitere Links zu kultureller Aneignung findest du hier und da.)

Kulturelle Aneignung hat ganz viel mit Imperialismus und Kolonialismus zu tun. Kostümierungen als Native Americans sind heute möglich, weil europäische Einwander*innen nach Amerika gesegelt sind und dort People of Color unterdrückt, misshandelt, vertrieben und ihre Kultur ausgeraubt haben.

Wenn heute weiße die Kultur von People of Color zu Geld machen (z.B. in der Mode- oder Kosmetikindustrie), dann zeigt sich, dass die Ausbeutung nie aufgehört hat. Unterdrückte Kulturen verschwinden immer mehr, weil dominante Kulturen ihre Aspekte in sich aufnehmen und zweck- oder bedeutungsentfremden.

Sich die Aspekte einer anderen Kultur gefahrlos aneignen zu dürfen, ist ein Privileg – also ein Vorrecht: Traditionelle Kleidungsstücke unterdrückter Kulturen oder Religionen sorgen oft dafür, dass Menschen vorgeworfen wird, sie können sich nicht integrieren, lebten in einer Parallelgesellschaft oder seien sogar gefährlich. Bis 1978 (American Indian Religious Freedom Act) war es Native Americans in den USA nicht erlaubt, ihre Religion auszuüben. Nicht-Native Americans dürfen aber Federschmuck tragen und ihn seiner heiligen Symbolik berauben, ohne mit Gefahren rechnen zu müssen.

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Mein Kind ist doch ganz unschuldig an kolonialer Vergangenheit! Es will sich doch bloß verkleiden! Ich verstehe nicht, warum ich als Elternteil sowas verbieten soll!

Schwarze Kinder oder Kinder aus First Nations sind auch unschuldig – das ist nicht der Punkt. Es geht nicht um Schuld, sondern um Verantwortung, die aus Geschichte erwächst. Wir leben in einem System aus Diskriminierung und Unterdrückung. Wenn du weiß bist und in Deutschland lebst, bist du eben eine Person mit Privilegien und die bringen auch Verantwortung mit sich. In der Verantwortung von weißen, die Rassismus nicht dulden möchten, liegt es nun mal, diesen nicht zu reproduzieren und auch ihren Kindern zu erklären, dass sie Respekt vor anderen Menschen und deren Kulturen haben müssen.

Kinder können verstehen, dass es nicht okay ist, ein Spiel aus dem Leid anderer Menschen zu machen.Vielleicht fällt ihnen der Zugang leichter, wenn du ihnen erklärst, dass auch Kinder Native Americans und Opfer von Gewalt und Rassismus sind. Europäer*innen haben an Native Americans Völkermord verübt. Das ist nichts, was sich dazu eignet, auf lustige Weise als “Cowboy und Indianer”-Spiel in heimischen Gärten, Zeltlagern oder Bad Segeberg nachzuahmen.

 

Aber man kann sich doch auch respektvoll Dinge aus anderen Kulturen “ausleihen”! Ich  mag “Indianer” – genau deshalb habe ich meinem Kind überhaupt erst Federschmuck gekauft! Das muss doch nicht  gleich eine rassistische Handlung sein!

Wenn ich jemandem mit Respekt begegnen will, bedeutet das zuerst, dass ich darauf hören sollte, was die Person sagt und möchte. Es gibt in den USA viele von Rassismus Betroffenen, die sagen, dass sie ihre Kultur nicht als Kostüm herabgesetzt sehen möchten. Darunter sind auch Native Americans, z.B. hier und dort. Und auch andere selbst Betroffene haben die Sache bereits erklärt.

Kostümierung als Native American (oder andere unterdrückte Kultur) ist für dich oder dein Kind also nicht angemessen. Falls du von Angehörigen einer Kultur, die nicht deine ist, zu einem traditionellen Fest o.ä. eingeladen wirst, stellt das unter Umständen (!!) eine der wenigen Ausnahmen dar, in denen es okay ist, sich dem Dresscode anzupassen. Erkundige dich bitte, bei den Gastgebenden, was angemessen ist.

Wenn dich Native Americans interessieren und du diesen Kulturen deinen Respekt aussprechen willst, dann sieh dich nach Menschen aus diesen Kulturen um, sprich mit ihnen und höre ihnen vor allem zu. Vielleicht kannst du eine*n echte*n Native American für einen Vortrag in der Schule deines Kindes gewinnen?

Wenn du Kulturen, die nicht die deine sind, mit Respekt begegnen willst, kannst du dich in ihre Geschichte einlesen, Rücksicht auf ihre Selbstbezeichnungen nehmen und dich antirassistisch engagieren.

 

Aber es ist Fasnacht! Das darf man doch nicht so eng sehen, Fasnacht ist doch gerade dazu da, Grenzen zu überschreiten!

6902372300_08e7e978f2_kVielleicht kommt es dir komisch vor, aber gerade unter diesem Aspekt ist ein “Indianerkostüm” völlig unangebracht. Rassismus und kulturelle Aneignung sind ja nichts Neues und auch nicht verboten. Da wird gar keine Grenze überschritten, wenn ich rassistische Stereotype benutze, das ist ganz normaler Alltag für diskriminierungsbetroffene Menschen.

Im Rheinland wird an Weiberfastnacht symbolisch den Frauen der Schlüssel zum Rathaus überreicht. Wenn an diesem Tag den Männern in einem Festakt die Macht überreicht würde, wäre das total witzlos, schließlich ist das ja während des restlichen Jahres schon so. Wenn Weiße meinen, sie dürften an Fasnacht jetzt auch mal rassistisch sein, ist das genauso keine Grenzüberschreitung, sondern trauriger Alltag.

 

Aber als Nonne mit Rosenkranz rumlaufen ist an Fasnacht noch erlaubt, oder?!

Diskriminierung hat mit Macht zu tun und existiert innerhalb eines Machgefälles immer nur von der machtvollen gegen die machtlose Position. Nonnen sind Teil der christlichen Religion und damit in Deutschland nicht unterdrückt. Wenn andere Christ*innen sich christlicher Symbole bedienen, nehmen sie niemandem etwas weg und entfremden auch nichts. Gleiches würde an für ein Kostüm als Bayer*in gelten.

 

Müssen wir jetzt auf Verkleidungen verzichten?!

Natürlich muss niemand auf Verkleidung verzichten, sobald rassistische Kostümierung keine Option mehr ist. Vielleicht ist an manchen Stellen ein bisschen Phantasie gefragt – aber gerade das sollten Verkleidungen doch ausmachen ;-) Wer so gar keine Idee mehr hat, kann bei Danger Bananas vorbeiklicken und sich von ihrer Auflistung inspirieren lassen oder mal schauen, welche DVDs und Bücher im Kinderzimmer herumstehen und welche Figuren daraus sich als Kostüm eignen.

 

***

Damit sind wir am Ende unseres kleinen Leitfadens zum Thema Indianerkostüme (nicht nur) zu Fasnacht angekommen. Wir hoffen, wir konnten die Thematik gut verständlich machen und sind gespannt, welche kreativen Verkleidungen ihr euch in Zukunft vielleicht als Alternativen ausdenkt.

Mein (also Ellas) Sohn war letztes Jahr so vernarrt in seine Indianer-Idee, dass er wirklich wenig kompromissbereit war. Ich habe dann versucht, herauszuhören, was genau ihm an dieser Kostümierung so wichtig war. Es stellte sich heraus, dass er unbedingt was mit Federn und mit Pfeil und Bogen wollte. So haben wir dann eine Art phantasievollen Waldmenschen aus ihm gemacht.
Was ihr sonst noch zu Fasnacht beachten solltet: Malt euch nicht die Gesichter schwarz an, um Schwarze darzustellen. Und auch an Fasnacht ist Konsens wichtig. Ein Kostüm ist keine Einladung zum Anfassen, Küssen oder gar Sex haben. Das verstehen sogar schon Kinder gut.

Habt eine schöne närrische Zeit!

***

 

Nachtrag: Lest bitte auch das Nachwort zu diesem Artikel!

Da sich die Kommentare (positive, negative, sachlich kritische, beleidigende, nachdenkiche) irgendwann nur noch wiederholten, haben wir die Kommentare geschlossen. Lest euch bei Interesse die vorhandenen Kommentare durch; auch da gibts interessante Diskussionen und Links zu lesen.

dm- Baumwolltaschengate und die schmalen Grate von Diskussionskultur.

Viele von euch haben es gestern bestimmt mitbekommen: Pia von „Bis einer heult“ hat durch Zufall entdeckt, dass ein Teil der Baumwolltragetaschen bei dm nicht mehr, wie bisher, von manomama in Augsburg produziert wird, sondern in Indien. Sie hat darüber geschrieben und eine ziemlich große Diskussionswelle ausgelöst. Auch große Median wie der Kölner Stadtanzeiger oder Spiegel Online griffen das Thema auf. Die beiden Haupt- Knackpunkte an dieser Geschichte sind a) die mangelnde Transparenz – denn faktisch lässt dm in Indien eine Baumwolltasche produzieren, die der von manomama gefertigten so ähnlich sieht, dass man fast von einem Plagiat sprechen möchte. Für die Kundschaft, die sich bisher sicher sein konnte, dass Taschen mit diesem Design von manomama kommen, ist also (auch trotz angehängtem Schildchen) nicht auf den ersten Blick ersichtlich, dass sie keine manomama- Tasche kaufen; viele fühlen sich deshalb getäuscht. Scheinbar wusste selbst Sina Trinkwalder, Chefin von manomama, nichts davon, und musste erstmal ein klärendes Gespräch suchen. Und b) wird mit dem Erlös der Tasche laut dm ein soziales Projekt in Indien unterstützt, was ja eine feine Sache ist. Nur interessiert mich, da ich die bisherigen manomama- Taschen auch wegen ihres ökosozialen Hintergrunds so toll fand, wie der Erlös da genau verteilt wird. Aus der Projektbeschreibung von dm geht lediglich hervor, dass

„…sich unser Textillieferant für eine Gesellschaft ohne Kinderarbeit ein[setzt]. Kinder, die wie Erwachsene gearbeitet haben oder auf der Straße lebten, bekommen ein Zuhause: Neben Essen und Unterkunft erhalten sie elterliche Fürsorge und Unterstützung.“

– aber das beantwortet leider nicht die Fragen die (nicht nur) ich mir stelle: Arbeiten da Menschen in Indien unter den bekannten Ausbeuterbedingungen, damit mit dem Geld, das die von ihnen genähten Taschen einbringen, Straßenkinder in Indien unterstützt werden können? Oder wird dafür gesorgt, dass auch die Näher_innen ihr Stück vom Kuchen abbekommen? Es gäbe also einiges zu klären von Seiten der Drogermiemarktkette. Die offizielle Presserklärung von dm stellt mich da leider nicht wirklich zufrieden.

Was mich allerdings auch wundert ist, dass niemand sich fragt, wie es sein kann, dass eine „vom Garn bis zur Naht“ (Zitat von der manomama- Webseite) in Deutschland produzierte Bio-Baumwolltasche zu einem Preis von 2 Euro verkauft werden kann. Niemand stellt das in Frage. Bei einem Verkaufspreis von 2 Euro kommen pro Exemplar auch nur ein paar lächerliche Cent bei der Augsburger Näherin an; dass sich das überhaupt irgendwie rechnen kann, kann ich mir nur über die große Menge Taschen erklären, die manomama neben dm auch für EDEKA und real;- produziert. Das allerdings bedeutet dann eintönige Akkordarbeit. Ich grüble, wie das zu ökologischen und sozialen Bedingungen funktionieren kann.

Auch sonst bot der gestrige Tag ordentlich Diskussionspotential. Denn es gab ein paar Ecken an Pias Text, die ich missverständlich ausgedrückt fand. Konkret ging es mir um folgenden Absatz:

„Mir stellen sich nun verschieden Fragen: wieso lässt man ein etabliertes Produkt, das komplett “made in Germany” ist und einen wunderbaren öko-sozialen Hintergrund hat, plötzlich in Indien produzieren? Was geschieht mit dem sozialen Aspekt für und in unserem eigenen Land? Was ist mit den vielen Angestellten von Manomama, die Dank der dm Pfand-Tasche einen Job gefunden haben? Können diese weiter beschäftigt werden oder müssen sie sich jetzt um ihren Arbeitsplatz (und alles was daran hängt) bangen? Wieso kostet die neue Tasche weiterhin 2 Euro, wo die Produktionskosten doch vermutlich deutlich niedriger sein werden, als bei der komplett in Deutschland produzierten Tasche? Fließt der da durch erzielte höhere Gewinn komplett in das Projekt in Indien?“

Für mich liest sich das klassistisch, nämlich dergestalt, dass der soziale Aspekt dieser Baumwolltaschen höher geschätzt wird, wenn er Menschen in Deutschland einen Arbeitsplatz sichert, als wenn der Erlös ausgebeuteten Menschen in Indien zugute kommt. Ich bin mir sicher, dass es nicht Pias Absicht war, so verstanden zu werden. Aber ich fand es schade, dass der Text, dessen Intention ich ansonsten gut fand, sich an dieser Stelle so angreifbar macht. Also habe ich sie via twitter drauf angesprochen. Sie hat sich das alles angehört, konnte meine Kritik aber nicht nachvollziehen. Was schade ist, aber ich war froh, dass sie immerhin versucht hat, es nachzuvollziehen. Insofern gibt’s deswegen jetzt keinen Beef zwischen uns, und es braucht sich niemand genötigt zu fühlen, in den Kommentaren oder via twitter- nonmention der ein oder anderen von uns zu dieser Sache beizuspringen oder in die Suppe zu spucken. Ich habe mich später auch bei Pia entschuldigt, falls ich mit meiner Kritik zu weit gegangen sein sollte, weil ich das am Ende der Diskussion (vor allem mit Dritten, nicht mit Pia) schon nicht mehr richtig einschätzen konnte. Wir haben das also geklärt, es ist alles okay :) Und der aufreibende Teil der Diskussion fand ohnehin gar nicht mit Pia statt, sondern mit einer anderen Twitterin.

Sehr oft schlägt einem, wenn man auf „reingerutschte“ -ismen Aufmerksam machen möchte, gleich eine ziemliche Aggro- Keule entgegen. Viele fühlen sich dadurch sofort übelst angegriffen und überhören bzw. überlesen immer wieder, dass das etwas ist, das jedem und jeder passiert. Diejenigen, die diese Kritik anbringen, werden sehr oft so verstanden, als wollten sie sich als moralisch unfehlbare Rettungsengel hinstellen, die anderen großzügigerweise mal sagen können, wo ihre allltäglichen Fails so liegen. Wäre das so, könnte ich dir Verärgerung darüber nachvollziehen. Aber die Crux an Alltags- ismen¹ ist, wie gesagt, dass sie überall drinstecken, in jedem/ jeder von uns verankert sind, auch in mir und den allermeisten anderen, die gelegentlich mal auf konkrete Fälle hinweisen. Wir alle treten gelegentlich in diese Fettnäpfchen. Es geht nicht darum, einer Person zu sagen, wie schei*e sie ist, weil ihr Sprachgebrauch diskriminierende Dinge enthält. Unser aller Sprachgebrauch enthält sehr oft diskriminierende Ausdrucksweisen. Auch meiner. Es geht darum, solche Dinge erkennen zu können und sich die Mühe zugeben, sie in der Zukunft vermeiden zu wollen.

Kurz nach meinem Gespräch mit Pia blühte mir dann also eine Diskussion mit einer anderen Twitterin, die sich einschaltete, und die genau aus diesem Grund schieflief. Innerhalb weniger Tweets ging es dann plötzlich nicht mehr um Pias Text und meine Kritik daran, sondern darum, wie ich meine Kritik formuliert habe, was ich hier denn bitte unterstelle und als was ich mich überhaupt aufspiele. Hatte alles überhaupt nichts mehr mit dem eigentlichen Thema zu tun und war insofern unsachlich. Von „gebrüllten“ Tweets mit sehr vielen Ausrufezeichen mal ganz abgesehen. Ich werde das hier nicht detailliert auseinanderpflücken; wer möchte, kann das ja selbst nachlesen. Leider zeigt twitter die zusammenhängenden Diskussionsbeiträge nicht vollständig an, man muss sich also ein bisschen durch den Wald klicken. Ich habe mich bemüht, ruhig und sachlich zu bleiben, was mir ganz gut gelungen ist.  Am Ende der Diskussion wurde ich allerdings als Concern Troll bezeichnet – und nach einigem Hin- und Herüberlegen weiß ich jetzt: den Schuh muss ich mir nicht anziehen. Auch wenn’s hilfreich war, durch diesen Hinweis nochmal über meine Herangehensweise bei solchen Themen nachdenken zu können. Vielleicht muss ich mir für die Zukunft überlegen, wie viel Sinn es macht, die freundliche Erklärbärin geben zu wollen.
Herzlichsten Dank an dieser Stelle für den Zuspruch und die Unterstützung, die ich dazu gestern vielfach per twitter und per Mail bekam: hat gut getan <3
Und jetzt nehmen wir uns alle ein Stück Kuchen und freuen uns auf ein schönes Wochenende.

birthday cake.

 

1) der hier verlinkte Alltagsrassismus soll nur als Beispiel dienen und keinen konkreten Vorwurf im Zusammenhang mit Pias Text darstellen.

Links zum Wochenende.

Heute habe ich mal wieder ein paar Freitagslinks für euch, die stehen heute im Zeichen des Textilbündnisses. Ihr habt sicher davon gehört: Entwicklungsminister Gerd Müller möchte Modekonzerne und Textildiscounter überzeugen, die Arbeitsbedingungen der Näher_innen, die unsere Jeans und Shirts nähen, wenigstens so weit zu verbessern, dass sie ansatzweise menschenwürdig sind. Dabei geht es vor allem um die Sicherheit der Gebäude, in denen die Näher_innen arbeiten, um den Lohn, den sie für ihre Arbeit erhalten und um das Verbot hochgiftiger Chemikalien, die beim Anbau von z.B Baumwolle eingesetzt werden. Wer sich infomieren will, kann diesen Text hier lesen, der fasst alles Wichtige zusammen.

Vor etlichen Jahren, das muss 2003 oder 2004 gewesen sein, habe ich mal eine Dokumentation angesehen – „100 % Baumwolle“ – in der es um die Bedingungen geht, unter denen vor allem in Indien die Baumwolle produziert wird, die dann zu unserer Kleidung verarbeitet wird. Diese Dokumentation hat mich wütend gemacht und ist in meiner Erinnerung der initiale Auslöser dafür, dass ich mich entschieden habe, Kleidung aus solchen Produktionen so wenig wie irgendwie möglich zu beziehen. Ich möchte, dass ihr euch diese Doku auch anschaut. Obwohl sie über 10 Jahre alt ist, hat sie nichts von ihrer Aktualität verloren.

Das Textilbündnis, welches diese eigentlich unfassbaren Missstände wenigstens ein bisschen verbessern sollte, ist gescheitert. Man sei nicht in der Lage, die Arbeitsbedingungen von jedem Drittanbieter zu kontrollieren, heißt es ganz lapidar von der Seite der Konzerne. Für mich klingt das wie: Es ist halt so schön bequem, dass die Menschen, die da reihenweise – man kann es nicht anders sagen: verrecken, damit wir Jeans für 7 Euro kaufen können, zufällig die Ärmsten der Armen auf der Welt sind, und gar keine andere Wahl haben, als unter schlechtesten Bedinungen zu Hungerlöhnen für diese Konzerne zu arbeiten. Die haben keine Gewerkschaften und auch sonst niemanden, der sich effektiv für sie einsetzen kann, und sie selbst können auch nicht genug Druck ausüben – weil sie nämlich sonst ihren miesen Job verlieren, auf den sie aber bitter angewiesen sind. 8 Euro, nur einen Euro mehr, würde so eine Biligheimer Jeans kosten, wenn das Textilbündnis umgesetzt werden könnte. So lange an diesen Bedingungen nichts geändert wird, haben wir als Konsumenten kaum eine Chance, Kleidung zu beziehen, die nicht unter Ausbeutung entstanden ist. Denn auch die Baumwolle, die bei uns als ÖkoTex und teilweise sogar als bio zertifiziert im Laden hängt, stammt oft aus solchen Produktionen. Wer Sina von manomama auf twitter folgt, kriegt von solchen Dingen regelmäßig etwas mit.Und nicht mal, seine gesamte Kleidung selbst zu nähen, macht einen frei, denn natürlich wird auch die Baumwolle, die wir später als bunt bedruckte Meterware kaufen, hauptsächlich in Indien produziert. Ich habe gerade viel zu viel Wut im Bauch, um eloquent über die Sache schreiben zu können. Wenn ihr zusätzliche Links zu diesem Thema habt, könnt ihr sie gern in den Kommentaren posten. Vielleicht habe ich mich bis nächste Woche dann soweit abgeregt, dass ich euch umfassendere Freitagslinks dazu präsentieren kann.

Rückblick: Das war unser Sommer mit dem Babboe Lastenrad.

14243479333_4e021ae37a_kSeit einem guten halben Jahr haben wir nun unser Babboe Lastenrad, und nachdem wir es jetzt Frühjahr und Sommer über intensiv genutzt haben, ist es Zeit für eine kleine Zusammenfassung unserer bisherigen Erfahrungen.
Das wichtigste in einem Satz zusammengefasst: Wir lieben es. Das Babboe ist innerhalb weniger Wochen nach Lieferung zu einer essentiell wichtigen Säule unserer Alltagsorganisation mit 3 Kindern und ohne Auto geworden. Es wird täglich zwischen 8 und 15 km gefahren, nicht selten auch bis zu 30 km – etwa, wenn wir mit ihm in die Stadt und dort dann mit der Critical Mass mitfahren, wenn der große Sohn zu einem seiner Fußballspiele im Umland kutschiert werden muss, oder wenn der Mann einen Ausflug zum Möbelgeschäft macht. Tatsächlich machen wir all das mit dem Babboe: Es ist nicht nur eine lustige Ausflugskutsche für Kurzstrecken, sondern für uns auch benzinfreier LKW.

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Wir transportieren damit Möbelpakete, riesige Säcke Gartenerde, einen gesamten Flohmarktstand mit Tischen und Stuhl. Die Nachbarn liehen es sich 13041826525_631a610f44_kschon aus, um damit 12 Kisten Getränke für eine Geburtstagsparty holen zu fahren. Im Sommer war das Babboe oft mit Badesee-, Grill- und Spielausrüstung für 5 Leute bestückt. Und Kinder werden damit natürlich auch transportiert – zum Kindergarten, zur Physiotherapie, zu Ausflügen. Auf kurzen und ungefährlichen Strecken habe ich damit schon in langsamem Tempo 5 Kinder gefahren – eines saß auf dem Gepäckträger. Beim Kindertransport gefällt mir am besten, dass ich die Kinder im Blick habe, dass sie bei der Fahrt wesentlich mehr sehen, als nur Mamas schaukelnden Hintern, und dass sie nicht auf Höhe der Abgase sitzen. Auch unsere Kinder lieben das Babboe heiß und innig.
Wir werden sehr oft auf unser Lastenrad angesprochen. So oft, dass ich mir von der Agentur fingerspitzengefühl, die es uns damals vermittelte, einen dicken Stapel Infoflyer habe schicken lassen. Die haben wir immer dabei, und etwa 3 bis 4 mal pro Woche verteilen wir einen und leisten recht umfangreiche Babboe- Beratung. Seit wir das Lastenrad fahren, haben sich alleine in unserem Stadtviertel mindestens 3 weitere Familien eins gekauft – neulich parkte ich samstags auf dem Markt direkt hinter einem weiteren Babboe. Nicht mehr lange, und wir werden nicht mehr die bunten Hunde mit dem krassen Gefährt sein :)

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Bei so intensiver Nutzung bleibt es aber auch nicht aus, dass sich Abnutzungserscheinungen zeigen und kleinere Reparaturen vorgenommen werden müssen. Zum Glück kann der Mann die gängigen Fahrradreparaturen selbst ausführen. Bisher hatten wir einen Platten und mehrere gebrochene Speichen am Hinterrad. Letzteres scheint bei Babboes häufiger aufzutreten. Wir wissen mittlerweile, dass man dem vorbeugen kann, wenn man die Speichen regelmäßig nachzieht. Sollten doch welche brechen, kann man sie durch Mountainbike- oder Tandemspeichen ersetzen. Das haben wir vor einigen Wochen einmal gemacht, und seither ist alles heile geblieben.

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Noch ein Wort zum Zubehör: wir haben die Babyschale, in der nach wie vor das Mädchen sitzt, einen Kleinkindersitz, der bisher noch ungenutzt ist – ich denke, darin wird das Mädchen sitzen, wenn ihm der Babysitz irgendwann zu klein wird. Außerdem haben wir ein Regen- und ein Sonnendach, eine faltbare Garage, einen Sattelschutz und Polsterauflagen für die Sitzbänke. Letztere beiden nutzen wir eigentlich gar nicht. Sehr wichtig hingegen ist natürlich der Babysitz – der zwar ein bisschen fummelig einzubauen ist, dann aber wirklich gute Dienste leistet-, sowie die beiden Dächer. Ich finde es gut, zwei zu haben. Das Sonnendach ist für die heißen Tage doch luftiger, und oben komplett geschlossen, so dass die Kinder wirklich vor der Sonne geschützt sind.P1160075
Das Regendach lässt sich rundherum so verschließen, dass die Kinder zuverlässig weder Regen noch Wind abbekommen. Ebenfalls unverzichtbar ist für uns die Faltgarage, da wir keine Unterstellmöglichkeit haben.
Spätestens zum nächsten Fühjahr wollen wir unser Babboe optisch ein bisschen aufmotzen. Bunter machen. Eine hippiemäßige kleine Blumenvase für den Lenker
hat es schon bekommen; ich bin gespannt, welche unserer Verschönerungsideen sich durchsetzen wird. Der Mann phantasiert von einer ausklappbaren Anbringung für unseren Go-Anywhere, um dann bei Turnieren die anderen Fußball- Eltern mit Würstchen bewirten zu können…

Jetzt geht es aber erstmal in den Winter mit unserem Lastenrad und wir werden sehen, wie es sich bei dauerhaft kalt-nasser Witterung, Schnee und vereistem Untergrund bewährt. Allzeit gute Fahrt!

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