Fenster zum Meer.


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Ein weiterer Auftragsquilt steht an. Die Kundin wünscht sich einen 1,5 x 2m großen Quilt fürs Wohnzimmer in Meeresfarben und hat sich für ein MeerLayout entschieden, das ein bisschen an unterschiedlich große Fenster erinnert. Beim Auswählen der Stoffe sprang mir ein großartiger Fotoprint-Stoff mit Fischen ins Auge, den ich mir wunderbar für die Rückseite hätte vorstellen können. Leider findet die Kundin ihn nicht so geeignet für ihr Wohnzimmer – ihr seht mich an dieser Stelle eine formschöne Schnute ziehen, aber zeigen wollte ich euch den Stoff trotzdem. Ich finde den ja geil. Die
Farben der restlichen Stoffe kommen hier ein wenig verzerrt rüber – der helle Stoff mit dem leichten Rosastich ist in Wirklichkeit ein wolkiges himmelblau. Insgesamt ergänzen sich die Farben zu einem schönen, leicht aqua-lastigen Meer. Alle Stoffe sind ganz dezent gemustert oder uni, weil hier wirklich die Wirkung der verschiedenen Farben im Mittelpunkt stehen soll.


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Auf der Rückseite des Quilts sollen ein paar der Blocks mit eingearbeitet werden, und weil es zum Meeresthema so gut passt, bekommt das Schmuckstück am Ende ein schönes Free Motion Quilting.

 

 

 

 

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In der zweiten Jahreshälfte 2015 gibt es noch ein paar wenige
 freie Plätze in meinem Auftragsbuch – Quiltwünsche gerne über das Kontaktformular.
“Und was kostet sowas?” – Eine Antwort auf die Frage, die ich zu meinen Quilts am häufigsten gestellt bekomme.

 

 

 

Wie eine Umarmung von Papa, Teil 1: Quilts aus der Kleidung eines verstorbenen Vaters.

Der letzte Quiltauftrag für dieses Jahr ist ein ganz besonderer – in mehrerlei Hinsicht. Besonders ist, dass ich für eine Kundin gleich zwei Quilts nähen werde. Besonders ist auch, dass beide Quilts fast aussschließlich aus Kleidung bestehen werden. Die beiden Quilts werden Weihnachtsgeschenke sein für zwei Jungs, und sie werden gemacht sein aus den Hemden und Shirts ihres an Krebs verstorbenen Vaters.

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Insbesondere der letzte Aspekt macht diesen Auftrag so besonders und hat mich nicht nur traurig gemacht, sondern auch sehr zum Nachdenken angeregt. Daher werde ich über diese beiden Quilts in mehreren Episoden schreiben. Heute geht es um den Umgang mit einem solchen emotional beladenen Auftrag, und um den Umgang mit dem „Material“, also mit der Kleidung, die ich dafür geschickt bekam.

Wenn ich mir so vor Augen halte, welche Dimensionen dieser Auftrag hat, denke ich immer wieder: Uff. Was für eine traurige Geschichte. Man kann sich 15787931269_a91819cb85_knicht wirklich vorstellen, was diese Familie hinter sich hat; wieviele schwere Tage und Wochen sie durchlebt hat, und wie viel Trauer auch in der Zukunft noch vor ihr liegt. Andererseits: Wow. Was für ein Vertrauensbeweis in meine Arbeit. Von Anfang an bestand dieser Auftrag aus diesen beiden Seiten einer Medaille, und mir wurde schnell klar, dass es vollkommen okay ist, wenn mir beim Nachdenken über das Schicksal dieser Familie Tränen in die Augen steigen- dass es andererseits aber auch mein Job ist, mich von dieser emotionalen Ebene zu distanzieren und zwei professionelle Quilts anzufertigen. Ich gebe zu, dass ich ein bisschen Anlauf gebraucht habe, bis mir das gelungen ist.

Alexandra schickte mir einen großen Karton, der erstmal ein paar Tage ungeöffnet blieb bis ich einen ruhigen Moment fand, mich ihm zu widmen. In einer ihrer Mails hatte sie geschrieben, dass es ihr nicht leicht gefallen sei, die Kleidung ihres verstorbenen Mannes zu sortieren. Weil sie immer noch seinen Körpergeruch enthielte. Als ich den Karton öffnete, entströmte ihm tatsächlich ein intensiver Duft, der noch eine viel tiefere Note, als bloß die von frisch gewaschener Wäsche besaß. Zu wissen, wie wertvoll genau dieser Duft dieser Frau und den Kindern ist, ließ mir einen großen Kloß im Hals wachsen, und trieb mich in den Tagen danach sehr um. Während ich die Kleidungsstücke sortierte – Karohemden, Shirts, Teile eines Hochzeitsanzugs – musste ich ein paar mal pausieren und tief durchatmen. Danach war ich immer darauf bedacht, den Karton nicht offen stehen zu lassen, damit bloß dieser Duft erhalten bliebe. Gleichzeitig verband ich diesen Duft unmittelbar mit der Tragik der Geschichte hinter diesem Auftrag. Er wurde schnell zum Sinnbild der emotionalen Komponente dieses Auftrags und einer Art Hürde, die ich übersteigen muss, um mich auf die professionellen Aspekte meiner Arbeit zu konzentrieren.

15351709984_a49d81226f_kDann begann ich mit der Zuschneidearbeit: Die Kleidungsstücke mit der Stoffschere zerschneiden, dann mit Lineal und Rollschneider in Streifen und Quadrate teilen. Anfangs waren der Duft und der Kloß im Hals noch sehr präsent, doch je mehr ich ins Tun geriet, desto leichter war es plötzlich, die traurigen Gedanken dieser Geschichte gehen zu lassen und mich um all die schönen Aspekte dieser Quilts zu kümmern. Bald war der Duft der Kleidung eine liebenswürdige Begleitung meiner Arbeit und ich konnte mich auf das Material konzentrieren, mit dem ich arbeitete; auf die unterschiedlichen Stoffe, Farben, Muster, und darauf, wie die einzelnen Kleidungsstücke am besten zerteilt werden, im den Stoff so ergiebig wie möglich nutzen zu können.

Zuschneidearbeit ist relativ eingängige Arbeit, bei der die Gedanken nebenher ein bisschen Freilauf genießen können. Vor meinem inneren Auge sah ich zwei Jungs, zwei Schulkinder, deren Betten tagsüber mit diesen Quilts abgedeckt sind. Die sich vielleicht unter diese Decken kuscheln, wenn sie krank sind, oder darauf sitzen und ein neues Legoset zusammenbauen. Zwei Teenager, die diese Quilts vielleicht für ein paar Jahre in die hinterste Ecke des Schranks verbannen. Zwei flügge gewordene junge Männer, denen es wichtig ist, diese Erinnerungsstücke mitzunehmen, wenn sie von zuhause ausziehen. Zwei verliebte Kerle, die dem Mann oder der Frau ihres Herzens mit feuchten Augen und lächelnden Lippen anhand dieses Quilts die Geschichte ihres Vaters erzählen. Zwei  Studenten fortgeschrittenen Semesters, in deren Wohnungen die Quilts einen festen Platz haben. Zusammengelegt auf dem Sofa. Als Spieldecke für das erste Kind. Als Überwurf für den Lieblings- Lesesessel. Und egal welchen Alters die beiden Jungs sind, die ich mir vorstelle: Natürlich werden sie immer wieder traurig sein über den Verlust ihres Vaters. In diesen Momenten, hoffe ich, können ihnen die Quilts vielleicht Trost spenden. Dann sehe ich sie vor mir, wie sie von den Quilts aus der Kleidung ihres Papas über ihren Schultern umarmt werden.

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Mit all diesen kleinen Geschichten, die ich mir ausmalte, verlor der Auftrag seine Schwere und gewann an schönen, tröstlichen Aspekten. So wünsche ich mir auch, dass die beiden Quilts, die hier entstehen, keine schweren Decken aus belastenden Erinnerungen sein werden. Sondern Lieblingsstücke, die man gerne um sich hat, die ganz selbstverständlich auf dem Sofa liegen können; die es leicht machen, die Erinnerung an eine liebe Person Teil des alltäglichen Lebens sein zu lassen. Den Gedanken, dass durch diese Quilts „etwas“ von der verstorbenen Person; sei es ihr Spirit, ihre Seele, oder die Erinnerung an sie, auf eine angenehme, wohlige Art Teil des Lebens der Hinterbliebenen ist, lässt es mir warm ums Herz werden.

Die Arbeit daran fällt mir nun leicht; ich freue mich sehr, dass ich so eine wichtige Aufgabe übernehmen darf. Nachdem ich nun alle der insgesamt 770 Einzelteile für die beiden Quilt Tops fertig zugeschnitten habe, freue ich mich darauf, sie bald fertig zusammengenäht vor mir zusehen. Was ich mir zum Layout dieser beiden Memory Quilts ausgedacht habe, könnt ihr dann in der nächsten Episode dieser kleinen Reihe lesen.

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Quilt- Anfragen für 2015 könnt ihr mir über das Kontaktformular stellen.
Auf die große Frage: „Was kostet sowas?“ habe ich hier schonmal geantwortet.