Eigentlich ist der heutige WIP Wednesday ein bisschen gemogelt. Was ich gerade in Arbeit habe, kann ich euch nämlich leider nicht zeigen. Der Quilt, den ich letzte Woche in Arbeit hatte, ist schon ein gutes Stück weitergediehen, liegt nun aber erstmal für einige Tage in der Warteschleife, weil es zwei andere Dinge gibt, die ganz unbedingt jetzt bearbeitet werden müssen. Da bin ich immer sehr froh, dass meine Quilt-Kund*innen meistens sehr flexibel sind und bereit, auch mal eine Woche länger zu warten.
Was ich euch aber zeigen kann, sind die Ergebnisse des vorletzten Wochenendes, was das allererste Wochenende seit etwa 8 Monaten war, an dem ich nicht gearbeitet habe. Ja, das ist eine ganz schön krasse Zwischenbilanz dieses Jahres.
Und was mache ich an einem solchen Wochenende? Na? Genau, ich denke mir aus, womit ich mir noch mehr Arbeit verschaffen könnte. Ich habe diese kleinen Laternenkinder gestrickt, Laternenpapier aquarelliert und winzig kleine Laternchen gefaltet. Und ich habe Weinbergschneckenhäuser geölt, um irgendwann mal kleine Püppchen da reinzusetzen. Und tatsächlich habe überlegt, ob ich es zeitlich hinkriegen könnte, zu beidem kleine Material- und Anleitungspackungen zu machen und auf dem Martinsmarkt unserer Schule zu verkaufen. Eine eher ziemlich bekloppte Idee, denn ich bin bis zum Jahresende ausgebucht.
Jedenfalls hat diese kleine Bastelei sehr viel Spaß gemacht, weil es das erste Mal seit langer Zeit war, dass ich einfach das gemacht habe, wonach mir gerade der Sinn stand. Einfach mal in der Materialfülle unseres Bastelschranks rumgruscheln, irgendwas finden, was mir gefällt, eine Idee bekommen, nach weiteren Materialien dafür suchen, die Idee ausarbeiten. Alles auf den Tisch legen, und einfach anfangen. Stricken, basteln, kleben, malen, schneiden, umringt von Kindern, die sich bei sowas immer sofort gerne anschließen. Zwischendurch Äpfel schneiden und Kekse holen, eine große Laterne falten, die Zeit vergessen, einfach völlig aufgehen darin, etwas mit meinen Händen zu machen. Ich liebe das.
Und obwohl ich meine ganze Arbeit rund um Ringelmiez sehr liebe, weil sie meinen Ideen und meiner kreativen Schaffenslust sehr viel Freiraum und Futter bietet, vermisse ich in Zeiten, in denen ich neben der Broterwerbs-Kreativität zu nichts anderem komme, dieses ganz freie Einfachdraufloskruschteln doch sehr. Über die Ergebnisse dieses Wochenendes freue ich mich jedenfalls immer noch sehr. Die sind einfach süß, die kleinen Laternenkinder. Ach ja, und so ganz gemogelt ist der WIP Wednesday dann doch nicht, denn die Idee mit dem Martinsmarkt, die habe ich durchaus allen Terminen und Deadlines im Projektkalender zum Trotz doch in Arbeit ;-)
Seit Ringelmiez so richtig an Fahrt aufgenommen hat, komme ich ja kaum noch zum Stricken. Eigentlich nur noch, während ich bei der Physiotherapie und Logopädie auf das Mädchen warte. Viel kriege ich da nicht geschafft, es geht alles sehr im Schneckentempo voran. Dennoch ist nun endlich, endlich mein Tubularity fertig geworden, den ich während meiner Berlinreise im November begonnen hatte. Ich habe ihn aus Resten gestrickt. Mit dem Ergebins bin ich so mittelmäßig zufrieden: Obwohl ich extra eine Ecke mehr Maschen angeschlagen habe, finde ich den Schal als Schlauch über den Kopf gezogen recht eng. Gleichzeitig ist er zu schmal und zu kurz, um ihn mir um den Hals oder um die Schultern zu wickeln. Auch die Farben und Ringel kommen über den Kopf gezogen gar nicht so richtig zur Geltung. Schade! Ein Bild vom Schal an mir erspare ich euch, weil ich gerade eine fette Erkältung habe und total verquollen aussehe.
Immerhin gibt er gut warm, und das kann ich bei den momentanen Minusgraden trotzdem gut gebrauchen. Ich habe auch gleich was neues angeschlagen: Socken aus Opal-Glitzerwolle, die ich mir in der WollLust in Berlin gekauft habe. Ich stricke Froschkönige daraus.
Bestimmt ist er auch schon in euer Internet geschwappt: Der Text von Heide Fuhljahn, in dem sie ein Ende des „DIY- Wahns“ fordert. Ich ärgere mich zugegebenermaßen sehr über diesen Text und über viele weitere, die in einer ähnlichen Tonlage geschrieben sind. Oder vielmehr: Ich ärgere mich darüber, dass ich mich so darüber ärgere, weil die Texte ja genau das bezwecken: möglichst hart polarisieren, damit möglichst viele Leute sich aufregen und der Text möglichst weit verbreitet wird. Und um das zu erreichen, werden sie polemisch bis nah an die Grenze der Unglaubwürdigkeit – mal ehrlich: dass eins 7 identische handgemachte Täschchen geschenkt bekommt, klingt schon sehr an den Haaren herbeigezogen.
Das könnte mir noch egal sein, aber der Text von Frau Fuhljahn ist auch noch in mehrerlei Hinsichten diskriminierend. Beispielsweise verhohnepiepelt sie darin Menschen mit Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, was schlicht ableistisch ist¹. Sie betreibt Victim- Blaming , wenn sie nahelegt, man sei selbst schuld, sich in einer Vergewaltigungssituation nicht selbst helfen zu können, weil man seine Freizeit an Handarbeit vergeudet habe, statt besser Mixed Martial Arts zu erlernen. Und vollkommen egal, ob derartige Ekelhaftigkeiten nur für die Klicks geschrieben werden, oder eine ernstgemeinte Haltung sind: Ich kann gar keinen so großen Beutel häkeln, wie ich zum kotzen bräuchte, wenn ich sowas lese.
Ich bin so müde geworden Texte dieser Art zu lesen. Nichts desto trotz will ich darauf eingehen; denn ich schreibe hier ja ein politisches Handarbeitsblog, und das pfeifen, dass ihr jetzt im Hintergrund hört, ist Frau Fuhljahns Weltbild, dem bei der Kombination dieser beiden Wörter gerade die Luft ausgeht. Denn, so lesen wir in ihrem Text, „in Deutschland schreiben meist Männer politische Blogs. Die aktive, unbequeme Gestaltung unserer Gesellschaft ist bei zu vielen Frauen out“ – laut Frau Fuhljahn ganz besonders bei denen, die gerne nähen, häkeln und stricken. Frauen, die sich für Handarbeit interessieren, so erfährt man in ihrem Text, interessieren sich ja auch sonst nur für leichtverdauliche Aktivitäten wie Yoga oder Bauch- Beine- Po- Gymnastik, und alles andere ist uns zu anstrengend. Einmal die Möglichkeit ausgeschlagen, Pilotin, Verlegerin oder Kampfsportlerin zu werden, haben wir all unser emanzipatorisches Potenzial vergeudet. Wenn wir uns schon unbedingt solchen niederen Tätigkeiten widmen wollen, dann doch bitte im stillen Kämmerlein und nach unserem Feierabend in einem möglichst angesehenen Job, neben dem dieser Hobby- Fehlgriff wenigstens noch irgendwie putzig aussieht. Also, wenn die Pilotin abends im Hotelzimmer Socken strickt, um runterzukommen, ist das gerade noch okay. Wenn eine Hobbystrickerin für ein Paar Strümpfe aber 30 Euro haben möchte, weil sie handgestrickte Socken, das Können und die Arbeit, die darin stecken, als wertvoll erachtet, ist das lächerlich. Handarbeit ist, wenn es nach Fuhljahn geht, unbedeutend und anspruchslos und passt einfach nicht mit Politik oder anderen wirklich wichtigen Dingen in der Welt zusammen. Wer sich für das eine entscheidet, kann nicht mehr Teil des anderen sein. Was für ein Blödsinn.
Heide Fuhljahn ist, das verrät die Bildunterschrift, 40 Jahre alt – und ihre Ansichten, allen voran ihr Frauenbild, ist mindestens 10 mal so alt. Auch ist das überholte Bild der Autorin von Handarbeit als etwas Triviales, Minderwertiges ist eigentlich längst Schnee von vor- vorgestern: Frauen, die sich in ihrer Freizeit, oder vielleicht sogar beruflich der Handarbeit widmen (anstatt etwa Pilotin zu werden), mangelt es ihrer Vorstellung nach an Disziplin und Biss, etwas schwierigeres und angeseheneres als diesen Bastelkram da zu erlernen. Das ist soooo 20. Jahrhundert, und ich erinnere an dieser Stelle gerne nochmal an Jasnas großartigen Text über Wert und Wertschätzung von Handarbeit, der einmal mehr eine gute Antwort auf die allgemeine Geringschätzung von Handarbeit ist. Als eine, die seit 5 Jahren ein Kleinunternehmen mit Handarbeit betreibt, die x Schulungen bei der IHK dafür gemacht hat; sich monatelang in Steuerrecht und Buchhaltung eingearbeitet hat; deren Produktpreise betriebswirtschaftlich kalkuliert sind, die seit 8 Jahren mit keine ihrer Nähmaschinen mehr beim / bei der Techniker _In war, weil sie sich selbst beigebracht hat, wie man sie repariert, und als eine die bei der Konstruktion ihrer Quilts auch immer wieder Algebra anwenden muss, lächle ich milde, wenn mir jemand zu erzählen versucht, mein Job sei lahma*schiger Bastelkram, nur weil er im Handarbeits- und DIY- Bereich stattfindet.
Ich will damit nicht sagen, dass mein Job anspruchsvoller wäre, als der einer Pilotin, aber er ist eben auch bei weitem nicht ein solcher Killefitz, wie leider immer noch viele Menschen meinen. Und das gilt auch dann, wenn die Handarbeit nicht als Job, sondern als Freizeitbeschäftigung ausgeübt wird. Das Verstehen, Beherrschen und Weiterentwickeln von Fähigkeiten ist wertvoll, ganz gleich, um welcherlei Skills es sich dabei handelt. Und ich möchte, dass das anerkannt wird. Ich bin der Pilotin sehr dankbar, dass sie so viel Arbeit und Anstrengung investiert hat, um mich sicher in den Urlaub fliegen zu können. Falls sie neben ihrer Ausbildung keine Zeit hatte, das 1×1 der Handarbeit zu erlernen, zeige ich mich übrigens gern behilflich, wenn sie mal einen losen Knopf an ihrer Uniform hat. Und natürlich freue mir ein Loch in meine selbstgestrickte Mütze, wenn die Pilotin sich abends im Hotelzimmer unter einem Quilt schlafen legt, den ich genäht habe, und den sie vielleicht als kleines Stück Zuhause in ihrem Rollköfferchen immer dabei hat. Es könnte so schön sein, wenn wir unsere unterschiedlichen Interessen und Fähigkeiten aneinander wertschätzen würden, anstatt zu versuchen, die Wertigkeit unserer Jobs zu vergleichen und uns gegenseitig niederzumachen.
Aber das ist vermutlich utopisch. Denn solange Menschen wie Frau Fuhljahn versuchen, anderen Frauen, die gerne handarbeiten, zu erklären, dass sie sich damit unfeministisch verhalten, ist in der Hinsicht kein Blumentopf zu gewinnen. Eigentlich müsste hier auch die Rede von anderen Menschen sein, anstatt immer nur von Frauen zu sprechen – denn DIY und Crafting ist längst kein reines Frauen-Ding mehr (und war es wahrscheinlich sogar niemals), sondern begeistert längst Menschen jeder Geschlechtlichkeit. Bei weitem nicht allen SelbermacherInnen geht es darum, Eskapismus zu betreiben, und sich in einer Welt aus Polka Dots und bunten Wimpelketten vor der Realtität zu verstecken. Und selbst wenn – so what? Die einen entspannen sich beim Sport oder beim Lesen, die anderen eben durch Crafting. Aber für eine wachsende Zahl von uns DIY- Menschen wird Dinge selbst machen zum politischen Mittel mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten – um dem Markt einen Teil unserer Kaufkraft zu entziehen, zum Beispiel. Oder um „das mit den Näherinnen in Bangladesch“ eben nicht zu unterstützen. Um nicht auf Industrieware angewiesen zu sein, sondern uns Dinge nach unseren Vorstellungen von Ästhetik und Qualität selbst machen zu können. Um durch Recycling und Upcycling Teil der Lösung für unser Müllproblem zu sein. Und ja, auf Fähigkeiten, die einem das ermöglichen, darf man stolz sein, und darüber darf man sich auch als erwachsener Mensch freuen, wie ein kleines Kind.
Lasst euch also nicht niedermachen von abschätzigen Texten dieser Art. Seid selbstbewusster und stolzer Teil einer Gemeinschaft von Selbermacher_Innen. Was ihr macht, was wir machen, ist von Bedeutung, und es ist von Wert.
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¹) …ganz abgesehen davon, dass Frau Fuhljahn offensichtlich auch nicht weiß, was ADS ist – denn mit der Suche nach Aufmerksamkeit hat das nichts zu tun.
Schon wieder was zu gewinnen! Nachdem ich in den letzten Wochen bereits Näher_Innen und Häkler_Innen mit einer Verlosung beglücken konnte, sind heute endlich die Stricker_Innen dran – bzw. die, die das Stricken lernen wollen. Ich werde sehr oft nach Tipps gefragt, wie man denn das Stricken erlernen könnte, und bisher habe ich da meist auf oft englischsprachige Webseiten und Videotutorials verwiesen. In Kooperation mit MEISTERCLASS darf ich euch heute die deutschsprachige rundum- sorglos Variante des Strickenlernens vorstellen.
MEISTERCLASS ist ein junges Berliner StartUp, das professionell produzierte Video- Strickworkshops anbietet. Die Strick- Basics gibt es in einem kostenlosen Video- Tutorial, und wer danach Feuer gefangen hat, kann sich an sein erstes richtiges Projekt wagen: Wahlweise ein Sommeroutfit aus Tuch und Neckholder- Top, oder ein Baby- Set aus Kuscheldecke, Schühchen, Mütze und Jäckchen. Alle Schritte werden in den Videos ausführlich und gut verständlich erklärt, so dass Anfänger_Innen auf jeden Fall zu einem schönen Ergebnis kommen. Wer sich keine Gedanken um die passende Garnstärke machen und hinterher Strickstücke haben will, die genau so schön aussehen, wie in den Videos, kann sich das passende Materialkit (wahlweise mit oder ohne Stricknadeln) gleich dazu bestellen – oder gleich einen all inclusive MeisterDeal abschließen.
Und jetzt zu den Details der Verlosung: Der*die Gewinner*in darf sich einen Online- Strickkurs seiner oder ihrer Wahl bei MEISTERCLASS aussuchen. Was ihr dafür tun müsst, ist: mindestens 18 Jahre alt sein und euch auf der Webseite für den Newsletter anzumelden (ganz runterscrollen bis zum Footer der Seite, da gibt es einen pinkfarbenen Newsletter- Button), und unter diesem Beitrag hier zu kommentieren. Ein zusätzliches Los könnt ihr in den Topf werfen, wenn ihr MEISTERCLASS auch noch bei facebook und instagram oder bei beiden folgt. In diesem Fall ergänzt euren Kommentar einfach um „+fb“ oder „+ig“.
Die Verlosung endet am kommenden Sonntag, den 14. 9. 2014 um Mitternacht. Den oder die Gewinner_in gebe ich dann am Montag bekannt. Viel Glück!
Ich vermisse das Stricken. Seit Monaten komme ich außer Socken eigentlich zu nichts mehr. Und selbst zu denen komme ich nur unterwegs, wenn ich mir in Wartezimmern die Zeit vertreiben muss. Umso schöner, wenn ich dann wenigstens mit besonders schönem Garn stricken kann.
Das für diese Socken kommt aus dem etsy Shop von Nicole C. Mendez.Sie macht unter anderem diese schönen, breitringelnden Sockengarne, die gerade so beliebt sind. Dieses hier finde ich besonders toll, weil es sich in den Sommerfarben schlechthin ringelt: Wassermelone, Pfirsich, Minze. Oder Mango, Himbeer, Basilikum? So oder so, wenn ich diese Socken im Winter dann anziehe, werden sie mich an die schönen Seiten der heißen Jahreszeit erinnern.
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Die Rabatt- Aktion für den Online Shop von Roter Faden ist gestern Abend ausgelaufen, und ihr habt den Rabattcode fleißig genutzt! Wenn ihr eure Bestellung erhalten habt, und sie vielleicht sogar verbloggt oder ver- instagramt, dann schickt mir doch bitte einen Link dazu an ellahartmann bei gmail punkt com. Ich würde gerne einen Blogeintrag über eure vielen schönen neuen Taschenbegleiter schreiben :)